Die Lage am Mittwoch – Bitcoin in Zeiten der Krise

Bitcoins Verbreitung ist von unterschiedlichen Erzählweisen geprägt. Aus „Magic Internet Money“ wurde schnell digitales Gold und dieser Tage gilt die Kryptowährung Nr. 1 gemeinhin als Notnagel gegen einen drohenden Währungskrieg, dem ein Handelskonflikt zwischen den USA und China zugrunde liegt. Was auch immer die Welt in Atem hält, es gibt irgendwo einen Bitcoiner, der lautstark die Haltung vertritt „Bitcoin fixes this!“ (Bitcoin löst das Problem).

David Scheider
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Beitragsbild: Shutterstock

Doch wie weit ist es mit der eierlegenden Wollmilchsau Bitcoin her? Dürfen Bitcoin-Investoren gelassen dabei zusehen, wie die Zentralbanken dieser Welt im Kampf um die billigste Währung zu Felde ziehen und die Preise weiter verzerren?

Wie es um die Unabhängigkeit der Zentralbanken bestellt ist

Die Unabhängigkeit der Zentralbanken ist in Demokratien ein hohes Gut. In Europa etwa regeln unter anderem Artikel 282, 127, 119 und 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die gesetzlichen Aufgaben der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Unabhängigkeit der EZB ist in Artikel 130 AEUV verankert:

Bei der Wahrnehmung der ihnen durch die Verträge und die Satzung des ESZB und der EZB übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen.

Ähnliches gilt auch für die Arbeitsweise der US-amerikanischen Zentralbank (Fed), der aufgrund der Bedeutung des US-Dollar wohl bedeutendsten monetären Institution der Welt. Natürlich verfolgen Zentralbanken politische Ziele. Neben der Gewährleistung von Preisniveaustabilität (im Falle der EZB heißt dies eine Inflationsrate von zwei Prozent anzuvisieren) haben Zentralbanken immer auch ein Auge auf die Entwicklung der Konjunktur – schwächelt die Wirtschaft, ist gemeinhin mit Zinssenkungen zu rechnen.

Fed senkt Leitzins zum ersten Mal seit über zehn Jahren

So geschehen in den USA. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 hat die Federal Reserve Bank am 31. Juli dieses Jahres den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. In der Geschichte von Bitcoin ist dies ein historisches Ereignis.

Nun ist es kein Geheimnis mehr, dass US-Präsident Donald Trump für etablierte demokratische Konventionen nicht viel übrig hat. Gegenüber Fed-Chairman Powell etwa äußerte Trump immer wieder mehr oder weniger offensichtliche Forderungen nach Zinssenkungen. Das ist zwar noch kein verfassungsrechtlicher Bruch mit der Unabhängigkeit der Zentralbank, aber immerhin eine offensichtliche Verletzung der Spielregeln. Zuletzt schrieb der US-Präsident auf Twitter, Powell hätte die USA „im Stich gelassen“, die Zinssenkung sei eben nicht expansiv genug gewesen.

Und als sei dies noch nicht Beweis genug für eine Politisierung des Geldes erlebt die Weltöffentlichkeit seit Montag einen veritablen Währungskrieg: Zum ersten Mal seit 2008 überschreitet der chinesische Yuan die historische Marke von sieben Yuan je US-Dollar.

https://twitter.com/Birdyword/status/1158186792543121410?s=20

So manch einer, Donald Trump inklusive, wittert das Kalkül der chinesischen Führung hinter der plötzlichen Abwertung der chinesischen Nationalwährung:

https://twitter.com/realdonaldtrump/status/1158350120649408513?s=21

China hat den Kurs seiner Währung auf ein fast historisches Tief gesenkt. Das nennt sich „Währungsmanipulation“. Hörst du Federal Reserve? Dies ist ein schwerer Verstoß, der China mit der Zeit stark schwächen wird!

Der Aufruf ist kaum misszuverstehen: Der US-Präsident fordert weitere Zinssenkungen von der Fed.

Und Bitcoin?

Während der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Erde zu eskalieren droht, beweist die Kryptowährung Nr. 1 wieder einmal ihre apolitische Struktur. Nachgerade wie bestellt korrigiert sich der Bitcoin-Kurs zum Montag in die entgegengesetzte Richtung. Wie wir berichteten handelt Bitcoin seit Montag, dem 5. August, wieder über der 11.000-US-Dollar-Marke.

Makro-Investor Raoul Pal, der sich seit geraumer Zeit auch in der Bitcoin-Szene einen Namen macht, spricht bereits von einer Rakete, die zum Abflug bereit steht.

So manch einer, der bereits seit geraumer Zeit dabei ist, wird sich spätestens an diesem Punkt die Augen reiben. Schließlich verhält sich der Bitcoin-Kurs genau so, wie man es von einem Asset dieser Art erwarten würde. Als nichtkorrelierte Vermögensanlage gehört Bitcoin dieser Tage zu den besten Rückversicherungen gegen Niedrigzinspolitik und sinkende Aktienkurse.

Mit anderen Worten: Die Abwertung nationaler Währungen wie dem Yuan und die ständigen Forderungen nach ähnlichen Maßnahmen vonseiten der Fed machen eine globale, apolitische Währung, die durch ihre deflationäre Struktur tendenziell an Wert gewinnt, attraktiver denn je. Menschen vertrauen Algorithmen mittlerweile in fast allen Lebensbereichen. Es ist nicht zu weit hergeholt, dass wir in Zukunft auf Algorithmen vertrauen, um unser Vermögen zu sichern.

Das Narrativ scheint sich zu wandeln. Institutionelle Anleger können Bitcoins asymmetrische Risikostruktur nicht mehr lange ignorieren. So mancher argumentiert bereits, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem sich Vermögensverwalter rechtfertigen müssen, wieso Bitcoin noch nicht Teil des Wertpapierportfolios ist. Im Vergleich zum aufgeblähten Aktien- und Anleihenmarkt dürfte Bitcoin aktuell bereits die weniger riskante Wette sein als auf traditionelle Vermögenswerte zu setzen.

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