Reisepässe und Gesundheitsdaten Wie die Blockchain-Technologie bei der Flüchtlingskrise hilft

Die Flüchtlingskrise stellt die Menschheit vor enorme Herausforderungen. Wie die Blockchain hier helfen kann, erklärt Frederik Gregaard, CEO der Cardano Foundation, im Gastbeitrag.

Frederik Greegaard
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Asylsuchende

Beitragsbild: Shutterstock

| Asylsuchende aus der Ukraine auf einer Straße

Die Flüchtlingskrise ist eines der größten humanitären Probleme unserer Zeit – und unsere Handlungsfähigkeit wird zunehmend erschwert: Ein Mangel an zuverlässigen Dokumenten zur Identifizierung, nur vereinzelte Möglichkeiten für finanzielle Unterstützung durch Hilfsorganisationen und limitierte Infrastruktur, die es nicht schafft, rechtzeitig neue Technologien einzubeziehen.

Laut Weltbank haben etwa 850 Millionen Menschen weltweit keine offiziellen Ausweisdokumente. Wir wissen, dass gerade die Schwächsten der Gesellschaft unverhältnismäßig stark von diesem Phänomen betroffen sind. Berichte zeigen, dass 70 Prozent der syrischen Flüchtlinge bei ihrer Einreise in Gastländer keinen nationalen Ausweis oder Reisepass nachweisen konnten. Das führt zu erschwerten Aufenthaltsverfahren und stellt Asylsuchende vor weitere und teils unüberwindbare Herausforderungen beim Erhalt lebenswichtiger Sozialdienste, rechtlicher Schutzmaßnahmen und wirtschaftlicher Chancen. In vielen dieser Fälle bleibt eine Mehrheit der Geflüchteten nicht nur unsichtbar und stimmlos, sondern auch machtlos in ihren Gastgemeinden, da sie weder ihre Existenz beweisen, noch ihre grundlegenden Menschenrechte wahrnehmen können.

Ein aktueller Bericht des Flüchtlingsrates zeigt: Das Vereinigte Königreich schickt Hunderte von minderjährigen Flüchtlingen in Haftzentren für Erwachsene. Der Grund: Die Behörden versagen bei der Altersprüfung. Durch den Mangel an Dokumenten sind Entscheidungsträger gezwungen, auf weniger zuverlässige Methoden wie zahnmedizinische Altersbestimmung zurückzugreifen.

In der Schweiz legte die Regierung vor Kurzem in einer Stellungnahme fest, welche Arten von Daten die Grenzpolizei auf den Smartphones Asylsuchender überprüfen darf, wenn andere Möglichkeiten zur Feststellung der Nationalität oder Reiseroute fehlen. Insgesamt beantragten 2022 etwa 24.511 Menschen in der Schweiz Asyl – ein Anstieg um 64,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die vorgeschlagene Aktualisierung des Asylgesetzes dürfte damit für die Bearbeitung einer immer größer werdenden Zahl von Flüchtlingen eine entscheidende Rolle spielen. Die Tatsache, dass die EU-Mitgliedstaaten im gleichen Zeitraum ebenfalls einen Anstieg von rund 50 Prozent verzeichneten, verdeutlicht den Handlungsbedarf zusätzlich.

Wie die Blockchain helfen kann

Blockchain-basierte Lösungen können helfen, diese globale Identitätskrise sowie viele andere Probleme, mit denen Asylsuchende konfrontiert sind, anzugehen. Die Blockchain bietet ein unveränderliches, dezentralisiertes und transparentes Register, das Daten sicher speichern und nachweisbar belegen kann. Ob für digitale Pässe oder zur Vereinfachung von Finanzierungen – sie ermöglicht die Schaffung dauerhafter und universell überprüfbarer Aufzeichnungen, selbst wenn physische Dokumente verloren gegangen sind.

Doch nicht nur das. Mit einer sicheren digitalen Identität können Asylsuchende leichter auf wichtige Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Finanzdienstleistungen zugreifen. Darüber hinaus kann eine allgemein anerkannte digitale Identität die rechtlichen und bürokratischen Prozesse bei der Suche nach Asyl und Umsiedlung erleichtern. Dieser bahnbrechende Ansatz würde es Flüchtlingen ermöglichen, schneller zu aktiven Teilnehmern in ihren Gastgemeinden zu werden und ihr Leben mit Würde und Durchhaltevermögen wieder aufzubauen.

Thailand und Indien machen’s vor

Erste Erfolge zeigen sich dabei in Thailand. Ein vom International Rescue Committee und iRespond geleitetes Projekt entwickelt dort digitale Ausweise für zwangsvertriebene Menschen in thailändischen Flüchtlingslagern. Durch unzureichende Lebensmittelrationen und begrenzte langfristige Perspektiven wollen immer mehr Schutzsuchende die Lager verlassen. Knapp die Hälfte von ihnen sind in diesem Lager geboren und/oder staatenlos. Zudem leiden viele auch an chronischen Krankheiten. Die Unfähigkeit sich auszuweisen erschwert die Verwendung medizinische Unterlagen außerhalb des Lagers.

Das Pilotprojekt soll die medizinische Versorgung dieser Menschen verbessern, indem es die Übertragbarkeit von medizinischen Unterlagen ermöglicht und gleichzeitig Arbeitsplätze für 35.000 zwangsvertriebene Menschen fördert.

Auch in Indien nutzt “Million Meals” die Blockchain für humanitäre Zwecke. Das Projekt gibt Mahlzeiten an Kindern aus einkommensschwachen Haushalten aus. Mithilfe der Blockchain können Informationen über Kinder und Schulen genauer erfasst werden. Die Initiative habe “nicht nur die Effizienz gesteigert und den Betrieb verbessert, sondern auch dafür gesorgt, dass Qualitätsstandards eingehalten und die Anzahl der servierten Mahlzeiten erhöht werden”, sagt der Leiter des Projekts, Shridhar Venkat.

Blockchain-Hilfe für Wohltätigkeitsorganisationen

Die humanitären Anwendungen der Blockchain nehmen in Umfang und Vielfalt zu und zeigen nicht nur die Vielseitigkeit der Technologie, sondern auch ihre Vorteile. Tatsächlich hat sich die Blockchain-Innovation besonders erfolgreich darin bewiesen, humanitäre Organisationen mit einem höheren Maß an Konsistenz und Gewissheit auszustatten.

Für gemeinnützige Wohltätigkeitsorganisationen ist die langfristige Planung mittlerweile zu einer unausweichlichen Herausforderung geworden, die durch die Limitationen traditioneller Finanzierungsformen verstärkt wird. “Switzerland for UNHCR” startete deshalb vor kurzem gemeinsam mit der Cardano Foundation ein Projekt, in dem Spender Gelder an einen Stake Pool delegieren, der mögliche Rewards automatisch an die UNHCR weitergibt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Krypto-Spenden, bei denen ein Betrag direkt überwiesen wird, behält der Spender sein Kapital und unterstützt kontinuierlich die Wohltätigkeitsorganisation.

Von Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zur digitalen ID ist eines klar: Die Blockchain hat das Potenzial, eine große Ausgleichskraft zu sein und innovative Lösungen für einige der administrativen Probleme zu bieten. Mit der Technologie und den Anwendungsfällen, die nun ausgereift genug sind, um den täglichen Betrieb wesentlich zu erleichtern, muss die umfassende Einführung humanitärer Blockchain-Lösungen zu einer der Hauptprioritäten der Branche werden. Fortgesetzte Innovationen in der Branche, kombiniert mit der Aufmerksamkeit politischer Entscheidungsträger, könnten der notwendige Katalysator für diese Transformation sein.

Disclaimer: Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

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