Deutsche Bürokratie Wurde der Berliner City Coin im Keim erstickt?

Lokal verankerte Kryptowährungen, die nicht nur den Einwohner:innen, sondern auch der Staatskasse zugutekommen, werden aktuell im Krypto-Space heiß diskutiert. Nachdem Miami als erste Stadt weltweit einen solchen City Coin eingeführt hatte, zog New York mit ambitionierten Krypto-Plänen nach. Warum es in der deutschen Hauptstadt so bald wohl keinen City Coin geben wird.

Marlen Kremer
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Brandenburger Tor

Beitragsbild: Shutterstock

Während sich Miami und New York bereits durch ihre City-Coin-Projekte einen Namen gemacht haben, sieht der deutsche Blockchain-Hotspot Berlin nur zu. Wird die Hauptstadt ihre Beobachter-Position im Krypto-Space an den Nagel hängen, um selbst aktiv zu werden?

City Coin im bürokratischen Würgegriff

Fast 19 Millionen US-Dollar – so viel hat Miami aktuell auf der Stadt-Wallet liegen. Derweil macht man sich in Berlin noch keine Gedanken um einen City Coin. Doch was war das noch einmal genau? Bei den lokal verankerten Kryptowährungen geht es letztendlich darum, eine bestimmte Region zu unterstützen. Dazu kann man auf die jeweilige Stadt gemünzte Token kaufen oder sogar minen. 30 Prozent der neu geschürften Coins wandern dann auf die Stadt-Wallet, die beispielsweise für Investitionen genutzt werden können.

Eine gute zusätzliche Einnahmequelle also, die in Zeiten einer globalen Pandemie gar nicht so schlecht wäre? Der Berliner Finanzsenat sieht das eher nicht so. Demnach habe es in der Senatsverwaltung bisher noch keine Prüfung solcher Konzepte gegeben. Ausschlaggebend dafür sei, “dass sie [City Coins] mit dem Haushaltsrecht nicht oder kaum vereinbar” seien. Weiterhin erklärte uns ein Sprecher des Finanzsenats, dass “die Quelle von Einnahmen des Landes stets nachvollziehbar sein” müsse. Dies sei in dem Fall der City Coins nicht gegeben.

Diesen Aussagen zufolge hat ein City Coin in Berlin keine guten Aussichten. Zumindest, wenn es um die deutsche Regulatorik geht.

Fehlende Anreize

Derweil ist auch der Use Case von City Coins für die Berliner Stellschraubendreher nicht ganz offensichtlich. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sieht ebenfalls noch keinen konkreten Anlass für einen City Coin. Ganz abgeneigt scheint der Wirtschaftssenat dennoch nicht zu sein. “Lokale Währungen gab es schon vor den Kryptowährungen und die Idee, seine Stadt zu unterstützten, ist valide”, erklärte uns ein Sprecher des Senats.

Dies sei jedoch “in der Regel nicht Anreiz genug, um so eine Währung zu etablieren”, so der Senatssprecher gegenüber BTC-ECHO. Dazu müssten alle Beteiligten “konkrete Vorteile” haben. Als Beispiel nannte man uns unter anderem Rabatte und Zinsen für Verbraucher, sowie Möglichkeiten zur Kundenbindung und Marketing für Unternehmen.

City Coins in der Umweltdebatte

Auch bei dem in Berlin ansässigen Digitalverband Bitkom haben wir nachgefragt. Benedikt Faupel, Referent Blockchain, erklärte gegenüber BTC-ECHO, dass es “theoretisch denkbar [wäre], dass eine Stadt wie Berlin einen eigenen Coin – wie den BLN Coin – einführt”. Dabei wies Faupel aber auch auf das zugrundeliegende Verfahren solcher City Coins hin. “Allerdings dürfte dies unter anderem aktuell durch die hinter den City Coins stehende Technologie, die eng mit Bitcoin verknüpft ist und auf einen mit hohem Energiebedarf verbundenen Proof-of-Work-Ansatz setzt, praktisch sehr unwahrscheinlich sein”, so Faupel weiterhin.

Die Umweltdebatte rund um Proof-of-Work-Netzwerke bleibt also auch einem City Coin nicht erspart. Faupel thematisiert zudem weitere Fragen, die bei der Implementierung eines Berliner Coins aufkommen könnten:

Grundsätzlich wäre ein solcher Coin eine zusätzliche Einnahmequelle für die Stadt, würde aber auch durch Investitionen von Privatpersonen eine engere Verbindung der Menschen zur Stadt ermöglichen. Gleichzeitig entstehen dadurch aber auch eine Vielzahl von Fragen, etwa ob politische Entscheidungen durch eine solche „indirekte“ finanzielle Einflussnahme beeinflusst werden könnten.

Benedikt Faupel, Referent Blockchain beim Digitalverband Bitkom

Berlin auf der Zuschauerbank

Regulierung, praktische Anwendung und Energieverbrauch – so lassen sich also momentan die Hürden für die Einführung eines Berliner City Coins betiteln. In der Hauptstadt ist man dem relativ neuen Phänomen gegenüber noch sehr vorsichtig gestimmt.

Letztendlich muss sich Berlin wohl bis auf Weiteres mit ihrer Beobachterrolle zufriedengeben. Aktiv einen City Coin voranzutreiben, scheint der Berliner Finanzsenat sowie die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nicht auf dem Zettel zu haben. Jedenfalls nicht zeitnah.

Der Wirtschaftssenat hielt im Endeffekt fest, dass man “mit der Berliner Krypto- und Ethereum-Community kooperieren [sollte]. So eine Währung müsste tatsächlich dezentral sein und nicht von einer zentralen Einheit kontrolliert werden”, so der Senatssprecher. “Ansonsten würde sie vermutlich auf Widerstände der Community treffen.”

Damit hat der Senat wohl nicht unrecht. Wenn die öffentliche Hand Berlins jedoch den Hauptstadt-Coin im Keim zu ersticken droht, bleibt es derweil abzuwarten, ob die Krypto-Community Berlins die Idee weiterhin vorantreibt, um die Vorteile eines City Coins doch noch ernten zu können.

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