Die Zukunft des Geldes  Warum brauchen wir Währungen?

Im ersten Teil der Artikelserie „Die Zukunft des Geldes“ gehen wir dem Ursprung von Geld auf den Grund und erklären, wie Währungen funktionieren, warum wir sie brauchen und woher sie ihren Wert bekommen. Ein Gastbeitrag von Pascal Hügli.

Pascal Hügli
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Beitragsbild: Shutterstock

Der folgende Artikel ist ein Gastbeitrag – BTC-ECHO übernimmt keine Haftung für die Inhalte. Trotz gewissenhafter Prüfung kann keine Garantie für die dargestellten Ausführungen gegeben werden.

Geld – auf fast alle Menschen entfaltet es eine magische Kraft. Egal jedoch ob wir es verdienen, ausgeben oder sparen, kaum jemals denken wir über folgende Fragen nach: Was ist Geld, weshalb existiert es und wie sieht das Geld der Zukunft aus? Warum auch? Unser Geld funktioniert. Tag ein, Tag aus verwenden wir es ohne große Mühe. Wo also liegt das Problem?

Nirgends. Wie August Friedrich von Hayek festgestellt hat, verwenden wir Menschen ständig Dinge, über die wir eigentlich nichts wissen. Gerade dieser Umstand macht uns als Spezies so erfolgreich. Mit Geld ist es nicht anders.

Im Zuge des meteorischen Aufstiegs Bitcoins scheinen Fragen über und zu Geld jedoch plötzlich an Relevanz zu gewinnen. Befindet sich die Institution Geld etwa gerade im Umbruch? Wie die Geldgeschichte zeigt, ist Geld niemals eine ruhende, unveränderliche Sache gewesen. Geld und dessen Wesen hat sich seit jeher im Wandel befunden. Deshalb gilt selbst beim Geld: Was wir heute für eine Selbstverständlichkeit halten, kann morgen schon nicht mehr gültig sein. Es ist eben kein Problem, bis es ein Problem ist.

Geld am Scheideweg

Die Vermutung, wonach das Wesen des Geldes heute so stark in Bewegung sein dürfte wie selten zuvor, könnte folgenden Tatsachen geschuldet sein: Technologischer Wandel, die faustische Überdehnung unserer Finanzordnung, wiedergefundene Wissensschätze der Geldtheorie oder unternehmerische Entdeckungsverfahren bringen gegenwärtige Gelddogmen ins Wanken. Die Ungewissheit über die Zukunft scheint spürbar zuzunehmen, weshalb sich ein sachlicher und nüchterner Blick auf die derzeitigen Prozesse, Tendenzen und Dynamiken lohnt.

Geld assoziieren wir heute in erster Linie mit staatlichen Währungen: US-Dollar, Euro oder Schweizer Franken. Diese nationalen Währungen werden durch den jeweiligen Staat, genauer dessen verfassungsrechtlich dazu befugte National- oder Zentralbank, herausgegeben. Als Oberbegriff scheint sich das Wort der Fiatwährungen zu etablieren. Der Begriff „Fiat“ ist lateinischen Ursprungs, heißt „es werde“ und soll auf den Umstand verweisen, wonach staatliche Währungen aus dem Nichts („ex nihilo“, ebenfalls lateinisch) geschaffen und somit keinen inneren Wert aufweisen würden.

Inwiefern diese Beschreibung zutrifft, wird heftig debattiert. Laut Chartalisten würde das Geld seinen Wert durch das Gewalt- und Steuermonopol erhalten. Der Staat sei demnach Ursprung des Geldes und bestimme darüber, was als Geld existiere. Andere Ökonomen verweisen auf die Notwendigkeit einer funktionierenden Wirtschaft, deren vielfältige Produktion ein Tauschmittel erst erforderlich macht. Diese Gruppe sieht den inhärenten Wert des Geldes daher in der Produktivität eines Wirtschaftsraums begründet. Wieder andere halten die Deckung eines Geldes für wesensbestimmend. Historisch waren Papierwährungen denn auch durch Gold gedeckt. Im August 1971 wurde die Golddeckung mit der Schließung des Goldfensters aufgehoben. Nicht mehr länger referenzierten Währungen damit auf einen Sachwert. Woher Geld seinen Wert hat, wird auch nach hunderten von Jahren noch diskutiert.

Kampf der nationalen Währungen

Mit der Aufhebung der Golddeckung hat letztere Begründung an argumentativer Strahlkraft verloren. Staatliche Währungen existieren ohne eine Sachgeldanbindung fort, gleichwohl stürzte die moderne Geldordnung nicht ab, sondern ist zu einem System freier Wechselkurse übergegangen. Diente das gelbe Edelmetall zuvor als Wert- und Preisanker, entfachte sich von nun an ein Kampf der nationalen Währungen. Dieser entpuppte sich als ziemlich kostspielig. Die verschiedenen Wechselkurse einzelner Währungspaare führten zu einem Anstieg der Währungsrisiken. Letztere wiederum haben dem internationalen Handel insgesamt ein Mehr an Transaktionskosten aufgeladen, welche diesen bis heute belasten.

Kaufleute, Unternehmen sowie Politiker reagierten auf diese Situation. Auf politischer Ebene entwickelte sich der US-Dollar aufgrund der US-Vormachtstellung als stärkste Wirtschaftsmacht zur globalen Recheneinheit für Öl und andere Rohstoffe im weltweiten Handel. Bis zum heutigen Tag fungiert der US-Dollar als internationale Leit- und Reservewährung. Auf diese Weise erleichtert der Greenback zwar den globalen Handel, doch bringt er den USA aufgrund seiner Bedeutsamkeit auch den Vorwurf des „privilège exorbitant“ ein. Die schiere Dominanz des US-Dollars und damit verbundene Vorteile für US-Märkte sind denn auch beeindruckend.

Die unternehmerische Antwort bestand indes in der Schaffung von Derivaten und immer mehr Hedgefonds. Erstere sind Finanzprodukte, deren Ziel vorwiegend in der vertraglichen Absicherung von Risiken über Raum und Zeit besteht. Letztere, die Hedgefonds, sind Instanzen, welche diese Finanzprodukte handeln – aktiv verwaltete Investmentfonds also. Somit ist heute kaum verwunderlich, dass Hedgegeschäfte zur Minimierung von Wechselkursrisiken einen beachtlichen Teil der Finanzgeschäfte ausmachen.

Die Wichtigkeit dieser Instrumente und Entitäten zeigt sich insbesondere bei international tätigen Unternehmen. Deren Einkünfte und Kosten fallen oftmals in den geografisch unterschiedlichsten Währungsräumen an. Derivate helfen hier, Währungsrisiken zu reduzieren. So erhält der Veranstalter des Wimbledon-Tennisturniers für die Übertragungsrechte in den Vereinigten Staaten Zahlungen in US-Dollar. Fast alle Kosten für die Durchführung des Turnier fallen allerdings in Pfund an. Das macht den Veranstalter vom Pfund-Dollar-Kurs abhängig. Für einen bestimmten Preis kann dieses Risiko mit Derivaten verringert werden, indem sich der Turnierveranstalter verpflichtet, seine US-Dollar zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem vorbestimmten Wechselkurs für Pfund zu verkaufen.

Die heute noch immer stetig wachsende Menge an Derivaten ist somit letztlich auch unternehmerische Folge der kostspieligen Auswirkungen dieser Vielfalt nationaler Währungen. Wer heute Geld über nationale Grenzen hinweg versenden möchte, zahlt saftige Gebühren. Der Grund: Die Realität verschiedener Währungsgebiete bedingt die Involvierung mehrerer Bank- und Finanzinstitute. Unzählige Banken, Partnerbanken und Finanzdienstleister aus unterschiedlichen Ländern sind beteiligt und wollen ihren Anteil. Unsere heutige internationale Währungsordnung gleicht letztlich einem globalen Tauschhandel auf der Basis zahlreicher Fiatgelder. Altsysteme und regulatorische Anforderungen erschweren deren effizienten und schnellen Transfer.

Ebenfalls als unternehmerische Reaktion zu werten sind daher die zahlreichen FinTech-Unternehmen. Die populärsten und erfolgreichsten unter ihnen sind denn auch jene, welche die durch nationale Währungen künstlich geschaffenen Barrieren im internationalen Zahlungsverkehr beseitigen wollen. Was Banken kaum geschafft haben, ermöglichen heute Jungunternehmen wie TransferWise oder Revolut. Das Versenden und Empfangen von nationalen Währungsbeträgen wird nicht bloß schneller, es wird auch günstiger.

Doch machen FinTechs nicht beim Zahlungsverkehr halt. Ermutigt durch den Erfolg der Überflieger TransferWise und Revolut stoßen sie heute in weitere Bereiche des Geldgeschäfts vor. Ob „kommissionsloser“ Wertpapierhandel durch Robinhood, innovative Versicherungslösungen durch Lemonade, digitale Vorsorge durch Viac oder Descartes Finance, neuartige Finanzdienstleistungsaggregation durch Altoo sowie eine Neuerfindung des Privatkunden-Banking durch Yapeal – FinTechs sind auf den Geschmack gekommen

Im zweiten Teil dieser Artikelserie gehen wir auf die neue Ära des (privaten) Geldwettbewerbs ein und welche Auswirkungen dieser auf staatliche Geldmonopole haben wird.

Über den Autor

Pascal Hügli ist Chief Research Officer bei Schlossberg&Co, einem Schweizer Asset Manager mit Fokus auf digitale Assets.

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