Wackeliger Stablecoin Tether muss blank ziehen – Gefahr für Bitcoin?

Ist der Stablecoin Tether (USDT) wirklich von genügend Rücklagen gedeckt? Diese Frage hängt bereits seit längerem wie ein Damoklesschwert über dem Krypto-Space. Doch bald könnte darüber endgültig Klarheit herrschen.

Christopher Klee
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Tether-Münze, die in einer Pfütze steht

Beitragsbild: Shutterstock

Nicht nur die Notenbanken haben 2020 die Geldruckmaschinen auf Hochtouren laufen lassen. Auch Tether Limited, Herausgeberin des Stablecoins Tether, hat im vergangenen Jahr so viele USDT-Token erschaffen wie nie zuvor. Kritiker des Stablecoins stellen Zweifel darüber an, ob wirklich jeder USDT 1:1 durch die Reserve von Tether Limited gedeckt ist. Doch bald könnte endgültig Klarheit über die Finanzlage von Tether herrschen: Am 15. Januar mussten Tether und iFinex, Betreiberin der Bitcoin-Börse Bitfinex der New Yorker Staatsanwaltschaft (Office of the Attorney General, OAG) Einblick in ihre Bücher gewähren. Beide Unternehmen sind Töchter von DigFinex Inc. Auch in der Führungsetage gibt es Überschneidungen.

Tether und Bitfinex im Fadenkreuz der New Yorker Staatsanwaltschaft

Das OAG, damals noch unter der Leitung von Barbara Underwood, hat Bitfinex und Tether bereits seit 2018 im Visier. Im Zentrum der Ermittlungen steht der Vorwurf, dass sich die Schwesterunternehmen strafbar gemäß Artikel 23-A des New Yorker Handelsgesetztes gemacht haben sollen. Der Artikel betrifft „Betrügerische Praktiken in Bezug auf Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere“.

Seit 1. Januar 2019 ist die Underwood-Nachfolgerin Letitia James mit der Causa Bitfinex/Tether bedacht. Ende April 2019 reichte sie den Antrag auf die Erhebung einer öffentlichen Klage gegen iFinex beim New Yorker Supreme Court ein. Der Vorwurf: Bitfinex soll sich im Jahr 2018 klammheimlich über 850 Millionen US-Dollar bei Tether geliehen haben, um einen Liquiditätsengpass zu vertuschen. Zahlreiche Bitfinex-Kunden klagten damals über Probleme beim Abheben von Geldern. Das hatte wiederum Gerüchte über eine Insolvenz der Bitcoin-Börse befeuert.

In einer Pressemitteilung vom 24. April 2019 erklärte das OAG:

Unsere Untersuchung hat ergeben, dass die Betreiber der „Bitfinex“-Handelsplattform, die auch die virtuelle Währung „Tether“ kontrollieren, sich auf eine Vertuschung eingelassen haben, um den offensichtlichen Verlust von 850 Millionen [US-]Dollar an vermischten Kunden- und Firmengeldern zu verbergen,

Damit verbunden war Aufforderung an Bitfinex und Tether, alle relevanten Dokumente, auch über die Finanzströme zwischen den Unternehmen, an das OAG zu schicken. Zudem erließ das OAG eine einstweilige Verfügung, die Bitfinex und Tether weitere Transaktionen untereinander bis auf weiteres untersagte. Dabei stützt sich das OAG auf die Absätze 352-353 („Martin Act“) im Artikel 23-A. Diese räumen der Staatsanwaltschaft erheblichen Spielraum bei den Ermittlungen ein. Dazu zählt unter anderem die Befugnis, von den Verdächtigen alle Informationen anzufordern, die zur Klärung eines Vorwurfes benötigt werden.

Kampf um die Tether-Dokumente

Einen knappen Monat später erfolgte die Replik von iFinex. Die New Yorker Staatsanwaltschaft, so die Argumentation von iFinex, habe ihre Kompetenz überschritten, da die Unternehmen nicht in New York operierten. AG James solle ihre Ermittlungen deshalb einstellen.

Das Ersuchen von Bitfinex wurde im August 2019 vom New Yorker Supreme Court abgewiesen; unter anderem mit der Begründung, dass auch New Yorker zu den Kunden auf der Bitcoin-Börse Bitfinex zählten. Auf diese Weise konnten sie Tether gegen US-Dollar kaufen, was über die Tether-Homepage zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war.

Dennoch konnten die Verdächtigten in den folgenden Monaten die Frist zur Herausgabe der Dokumente – ursprünglich sollte diese binnen eines Monats erfolgen – immer wieder verlängern. Die Anwälte von Tether und Bitfinex argumentierten, dass die Forderung des OAG zu umfassend sei und pochten auf eine Begrenzung der Menge an Dokumenten, die sie dem OAG zur Verfügung stellen sollten. Im Dezember 2020 verständigten sich die Parteien schließlich auf den 15. Januar als Deadline für die Einreichung der Dokumente sowie für die einstweilige Verfügung, die es Bitfinex untersagt, sich an der Tether-Reserve zu bedienen.

Tether – eine Gefahr für Bitcoin?

Mit einer Marktkapitalisierung von über 24 Milliarden US-Dollar ist Tether (USDT) mit Abstand der wichtigste Stablecoin im Krypto-Markt. Damit verbunden ist der Umstand, dass das Handelspaar USDT / BTC für das größte Trading-Volumen verantwortlich zeichnet. Sollten sich die Zweifel an der Deckung Tethers durch die Ermittlungen des OAG bestätigen, könnte das zu enormen Marktverwerfungen führen. Ein Einbruch der 1:1-Kopplung an den US-Dollar wäre in diesem Fall vorprogrammiert.

Ob dies jedoch wirklich zu einem dauerhaften Rückzug von Investoren aus dem Krypto-Space sogen würde, kann indes bezweifelt werden. So gibt es bereits seit längerem zahlreiche regulierte Alternativen zu dem Off-Shore-Stablecoin, etwa den USD Coin (USDC) von Circle und Coinbase. Und wer nach dem Tether-Debakel keine Lust mehr hat, Stablecoins bei einem Unternehmen zu erwerben, hat immer noch die Möglichkeit, auf dezentrale Alternativen wie DAI zurückzugreifen. Die Chancen stehen damit gut, dass Bitcoin und Co. selbst ein generelles Tether-Verbot an US-amerikanischen Krypto-Börsen überleben würden. Trotzdem sollten sich Krypto-Anleger kurz- bis mittelfristig auf turbulente Zeiten einstellen.

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