Coin des Monats The Graph: Das Google der Blockchains?

The Graph will zu einem Grundbaustein der dApp-Landschaft werden – was verbirgt sich hinter dem Hype?

Christopher Klee
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The Graph

Beitragsbild: The Graph

| The Graph

Dass der Krypto-Markt 2021 den Turbogang eingelegt hat, räumen mittlerweile auch konservative Marktbeobachter ein. Angeführt von Bitcoin gibt es kaum Projekte, die in den letzten Wochen und Monaten nicht massive Kurszuwächse aufweisen können. Doch mit The Graph (GRT) ist ein vergleichsweise junger Token im Februar regelrecht durch die Decke geschossen, bewegt sich seitdem relativ stabil seitwärts. 

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Seit seinem ICO im Oktober 2020 ist GRT von 0,03 US-Dollar (USD) auf 1,76 US-Dollar gestiegen (Stand: 1. April). Doch was verbirgt sich hinter dem Projekt, das manche als das “Google der Blockchains” bezeichnen – und ist die Kursexplosion gerechtfertigt?

The Graph Network: Das fehlende Puzzlestück für wirklich dezentrale Apps?

Dezentrale Anwendungen (dApps) erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Allen voran der Sektor der dezentralisierten Finanzdienstleistungen (DeFi) hat im vergangenen Jahr ein atemberaubendes Wachstum an den Tag gelegt. Mittlerweile sind Assets im Gegenwert von über 40 Milliarden USD in DeFi-Projekten wie MakerDAO oder Uniswap hinterlegt. Dennoch wäre es verfrüht, das Zeitalter der dApps zu verkünden. Einer der Gründe dafür ist, dass es für Entwickler von komplexen dApps sehr aufwändig ist, die für sie relevanten Daten aus Blockchains und Smart Contracts auszulesen und in ihre dezentralen Anwendungen einzubauen, ohne dafür auf die Programmierschnittstellen (APIs) zentralisierter Drittanbieter zurückzugreifen.

The Graph ist angetreten, diesen Missstand zu beheben. Das Projekt bezeichnet sich selbst als dezentralisiertes Indexing-Protokoll. Indexing beschreibt den Prozess, ein Konvolut von Daten (hier: Blockchains und Smart Contracts) durchsuchbar zu machen, etwa wie ein Glossar die Suche nach einem Schlagwort in einem Buch erleichtert. Oder wie es Google mit dem Internet macht. The Graph will somit zu einer basalen Infrastruktur für das Web3 und wahrhaft dezentralisierten dApps werden.

Das will The Graph mit einem komplexen Netzwerk erreichen, das aus vier Kernkomponenten besteht.

Subgraphs

Bei einem Subgraph handelt es sich um eine öffentlich zugängliche API, mithilfe derer Blockchain-Daten schnell abgefragt werden können. Mittlerweile gibt es bereits über 3.000 Subgraphs zu den verschiedensten Projekten, die sich auf der Ethereum Blockchain tummeln. So lassen sich beispielsweise über den Subgraph für die dezentrale Exchange Uniswap detaillierte Handelsdaten zu jedem gelisteten Trading-Paar abfragen. Ein anderer Subgraph liefert Daten zum Marktplatz der virtuellen Welt von Decentraland, mit einem weiteren lassen sich wiederum Governance-Entscheidungen bei der MakerDAO durchsuchen. Prinzipiell kann jeder, der des Programmierens mächtig ist, einen Subgraph erstellen.

Kuratoren

Bei den Kuratoren handelt es sich um Netzwerkteilnehmer, die signalisieren, wenn ein Subgraph nützlich sein könnte. Das geschieht über die Zuweisung von GRT Token. Sieht ein Kurator einen Subgraph, den er für sinnvoll und qualitativ hochwertig erachtet, staked er einen Betrag in GRT auf dem Subgraph. Dabei gilt: Je früher ein Delegator sein GRT einem Subgraph zugeteilt hat, desto höher fällt später sein Einkommen aus, sollte der Subgraph populär werden.

Indexer

Die Indexer betreiben die Netzwerkknoten in The Graph. Wie ihr Name bereits verrät, besteht ihre Hauptaufgabe darin, Subgraphs zu indizieren und Suchanfragen zu bedienen. Für ihre Arbeit werden sie in GRT Token belohnt. Da die Höhe der Belohnung unter anderem davon abhängt, wie gefragt ein Subgraph ist, orientieren sich die Indexer an den Signalen der Kuratoren. Je mehr GRT einem Subgraph zugeteilt ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein qualitativ hochwertigen und nützlichen Datensatz handelt. Für das Betreiben eines Indexer Nodes sind neben IT-Kenntnissen auch 100.000 GRT als Mindest-Einlage vonnöten – angesichts der Kursentwicklung von GRT ist das derzeit kein Pappenstiel. Gut so, denn auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Indexer die Suchanfragen korrekt bearbeiten – andernfalls verlieren sie einen Teil ihrer GRT-Einlage.

Delegatoren

Die Delegatoren bilden eine weitere wichtige Instanz im Netzwerk von The Graph. Es handelt sich um GRT Holder, die ihre Token an Indexer zuteilen. Dafür erhalten sie einen Anteil der Belohnung, die diese für ihre Arbeit erhalten. Wie hoch der Anteil ausfällt, können die Indexer selbst bestimmen. Auf diese Weise entsteht ein freier Markt für APIs.

Tokenomics

Im Gegensatz zum auf 21 Millionen Einheiten begrenzten Bitcoin gibt es beim GRT Token keine Grenze dafür, wie viele es jemals geben wird: GRT ist wie Ethereum ein inflationär angelegtes Protokoll. Die Inflationsrate von The Graph beträgt drei Prozent pro Jahr. Damit werden die Belohnungen für die Indexer finanziert. Zusätzlich zur Inflation verdienen Indexer (und mit ihnen anteilig Kuratoren und gegebenenfalls Delegatoren) für jede Suchanfrage, die sie bearbeiten, einen kleinen Betrag in GRT, der von dem Suchenden bezahlt wird. 

GRT verfügt über ein anfängliches Maximum Supply von 10 Milliarden Einheiten. Beim ICO im Oktober 2020 wurden davon gerade einmal vier Prozent (400 Millionen GRT) zum Verkauf angeboten. Kostenpunkt: 0,03 US-Dollar. Im Vorfeld wurden bereits 200 Millionen GRT an Indexer und “aktive Community-Mitglieder” ausgezahlt, wie es auf der Homepage des Projekts heißt. Mit 35 Prozent halten Frühinvestoren, zu denen unter anderem Größen wie Coinbase Ventures, die Digital Currency Group und Compound zählen, mit Abstand die meisten die GRT Token. Und hier liegt der Hund begraben.

Quelle: The Graph

So unterliegen die Frühinvestitionen zwar einer Haltefrist, was unter anderem dafür verantwortlich ist, dass erst 1,2 Milliarden GRT im Umlauf sind. Doch wird sich das im Juni 2021, sechs Monate nach Mainnet-Start, schlagartig ändern: Dann beginnen die Ausschüttungen an Frühinvestoren, das Gründerteam, die geplante gemeinnützige The Graph Foundation und weitere Empfänger. Das bedeutet eine drastische Vergrößerung der Umlaufmenge von GRT. Selbst wenn GRT bis dahin im Kurs stagnieren sollte, hätten Frühinvestoren aufgrund des rabattierten Einkaufspreises eine hohe Motivation, die Früchte ihrer Investition zu ernten, sprich: GRT auf den Markt zu werfen. Was dessen Wert erheblich beeinträchtigen könnte.

Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung, dass die Rechnung am Ende aufgeht. So verfügt das Protokoll auch über Mechanismen, die die Menge der GRT Token verringern. So wird beispielsweise ein Prozent aller Gebühren, die für Suchanfragen bezahlt werden, verbrannt. Zumindest theoretisch besteht damit die Aussicht, dass GRT zu einem deflationären Asset wird. Der Schlüssel liegt, wie so oft, in der Adaption. 

Fazit: Riskant trotz faszinierendem Use Case

The Graph scheint mit seinem Ansatz durchaus einen Nerv getroffen zu haben. Dafür sprechen nicht nur die hochkarätigen Frühinvestoren, sondern auch die 3.000 Subgraphs, die bereits erstellt wurden. Die Technologie wird unter anderem bereits von Uniswap, MakerDAO und Decentraland eingesetzt. Die Vision, einen globalen, freien Marktplatz für APIs zu schaffen, fügt sich hervorragend ins Krypto-Narrativ eines dezentralisierten Web3 ein. 

Wer in GRT investieren möchte, muss dabei die absehbare enorme Ausdehnung der Umlaufversorgung im Hinterkopf behalten. Zwar ist nicht in Stein gemeißelt, dass GRT im Sommer abstürzen wird. Allerdings wird es eine enorme Steigerung bei der Nachfrage nach den Diensten des Netzwerks bedürfen, um die schlagartige Vervielfachung der GRT-Umlaufmenge zu kompensieren. Überdies muss man bedenken, dass GRT bereits auf über zwei US-Dollar gestiegen ist. Das macht es fraglich, ob noch viel Luft nach oben ist – eine Verzehnfachung scheint aufgrund der Marktkapitalisierung, die dann bei 200 Milliarden US-Dollar – und damit auf Augenhöhe mit Ethereum – läge, eher unwahrscheinlich. 

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