Telegram schießt zurück: SEC betreibe „Ad-hoc“-Justiz

Im Rechtsstreit zwischen dem Messaging-Anbieter Telegram und der US-amerikanischen Securities and Exchange Commission (SEC) hat Telegram nun seinerseits Vorwürfe gegen die SEC erhoben. Telegram unterstellt der SEC unter anderem, es versäumt zu haben, hinreichende Klarheit darüber zu schaffen, wie digitale Assets wie Kryptowährungen zu klassifizieren sind. Dabei führt Telegram auch Aussagen an, die von KommissarInnen der SEC selbst stammen.

Christopher Klee
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Beitragsbild: Shutterstock

Der Messaging-Dienst Telegram wehrt sich gegen Vorwürfe der US-Börsenaufsicht, mit seiner geplanten Kryptowährung „Gram“ gegen das US-amerikanische Aktienrecht zu verstoßen. Die SEC unterstellt Telegram unter anderem, mit den Gram Token nicht registrierte Wertpapiere an Privatinvestoren verkaufen zu wollen. Eine entsprechende Beschwerde der SEC hatte im Oktober zur Folge, dass Telegram den Start seiner TON Blockchain und damit auch den öffentlichen Verkauf der Gram Token absagen musste.

Telegram: Gram ist kein Wertpapier

Nun hat Telegram auf die Beschwerde der SEC reagiert. Das Unternehmen bestreitet in seiner Antwort an das zuständige New Yorker Gericht alle Vorwürfe der SEC. Telegram argumentiert einerseits, dass der Private Sale des Gram Token im Jahr 2018 rechtskonform war. Der Verkauf sei ausschließlich an akkreditierte Großinvestoren erfolgt, Kleinanleger hatten keine Möglichkeit zur Teilnahme.

Die Behauptungen [der SEC] sind unbegründet, da die Privatplatzierung von Telegram an hoch entwickelte, akkreditierte Investoren gemäß den geltenden Ausnahmen von der Registrierung nach den Bundeswertpapiergesetzen durchgeführt wurde und Grams keine Wertpapiere sind, wenn sie zum Zeitpunkt der Einführung der TON Blockchain erschaffen werden.

Vielmehr seien Gram Token als Währung bzw. als Commodity einzustufen, argumentiert Telegram weiter.

SEC: Doch.

Freilich liegt es nicht in der Gewalt des Messaging-Dienstleisters, diese Kategorisierung vorzunehmen. Die SEC hatte Telegram bereits im Oktober darauf hingewiesen:

Wir haben wiederholt erklärt, dass Emittenten die Bundeswertpapiergesetze nicht umgehen können, indem sie ihr Produkt einfach als Kryptowährung oder Token kennzeichnen. Telegram strebt danach, die Vorteile eines öffentlichen Angebots zu nutzen, ohne die seit Langem bestehenden Offenlegungspflichten zum Schutz der Anleger zu erfüllen.

Die SEC stuft Gram als Wertpapier ein, weil sie davon ausgeht, dass die Investoren 2018 in erster Linie auf eine Wertsteigerung des Token spekulierten.

Grams sind Securities, weil die Ersterwerber und nachfolgende Investoren erwarten, von der Arbeit von Telegram zu profitieren. Dazu gehören die Entwicklung eines TON-„Ökosystems“, die Integration mit Messenger und die Implementierung der neuen TON Blockchain.

Die SEC wendet zur Klassifizierung eines Assets den Howey-Test an. Eine Gewinnerwartung, die auf der Arbeit des Emittenten eines Assets gründet, ist danach ein zentrales Merkmal eines Wertpapiers.

SEC soll Telegram nicht ausreichend informiert haben

Telegram kritisiert in seiner Replik, dass der Howey-Test sich nur bedingt für die Bewertung digitaler Assets eigne.

[…] die Anwendung von Howey auf digitale Assets wirft einzigartige Probleme auf, die spezifischere Leitlinien erfordern, um zu vermeiden, dass Unachtsame in die Falle tappen. Aber bis heute hat die SEC es versäumt, konsistente und aussagekräftige Leitlinien zu liefern, ob und wie sie Kryptowährungen wie Gram regulieren wird,

heißt es in dem Dokument weiter.

Der Messaging-Anbieter fühlt sich indes selbst von der Behörde in die Falle gelockt. Als die SEC am 11. Oktober im Eilverfahren eine einstweilige Verfügung gegen den TON Launch durchsetzen konnte, habe sie nicht nach geltendem Recht agiert. Ihre Begründung habe juristischen „Ad-hoc-Charakter“ und sei mit diversen Präzedenzfällen unvereinbar. Vor allem habe die SEC es versäumt, das Unternehmen rechtzeitig über ihr Vorgehen in Kenntnis zu setzen.

[…] Telegram wurde […] nicht ausreichend informiert, dass seine Handlungen gegen den Securities Act von 1933 verstoßen und verstoßen würden,

beschwert sich Telegram.

Telegram zitiert „Crypto Mom“

Um seiner Kritik am regulatorischen Status quo Nachdruck zu verleihen, führt Telegram auch Aussagen von SEC-KommissarInnen an. Allen voran zitiert Telegram „Crypto Mom“ Hester Peirce, die vor der Abwanderung von Krypto-Unternehmen aus den USA warnt, sollten keine transparenteren Regeln für Krypto-Assets geschaffen werden:

Seitenweise Faktoren, von denen viele scheinbar für alle dezentralen Netzwerke gelten, könnten dazu beitragen, dass die Navigation durch die Wertpapiergesetze in diesem Bereich ein gefährliches Geschäft ist. Anstatt die Faktoren zu klären oder einen teuren Anwalt damit zu beauftragen, kann ein vorsichtiges Unternehmen einleuchtenderweise beschließen, auf bestimmte Geschäftsmöglichkeiten zu verzichten oder sie in einem krypto-freundlicheren Umfeld im Ausland wahrzunehmen,

zitiert Telegram aus einer im Mai 2019 gehaltenen Rede der SEC-Kommissarin.

TON Launch frühestens 2020

Das zuständige New Yorker Gericht muss nun darüber entscheiden, ob die Argumentation Telegrams hinreichend ist, um die SEC-Klage gegen Telegram ganz oder in Teilen fallen zu lassen. Ansonsten soll am 18. und 19. Februar 2020 eine gerichtliche Anhörung stattfinden.

Die 171 beteiligten Großinvestoren halten vorerst an dem TON-Projekt fest. Von der Möglichkeit, ihr Investment nach dem geplatzten Start des Netzwerks teilweise zurückzuerhalten, haben sie laut Insiderangaben keinen Gebrauch gemacht. Der Start von TON wurde auf 2020 verschoben – falls es überhaupt dazu kommen sollte.

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