Streitgespräch Private Blockchains: Ein Widerspruch in sich?

Auf private Blockchains hat nur eine ausgewählte Gruppe Zugriff. Bei Bitcoin-Maximalisten klingeln da gleich die Alarmglocken. Sollten Blockchains nicht grundsätzlich offen für alle sein? Zwei unserer Redakteure nehmen Stellung.

Marlen Kremer
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Blockchain

Beitragsbild: Shutterstock

| Man unterscheidet zwischen öffentlichen und privaten Blockchains.

David Scheider: “Private ­Blockchains sind ein Oxymoron”

Im originalen Bitcoin Whitepaper von Satoshi ­Nakamoto kommt das Wort Blockchain nicht vor. Erst nachdem Bitcoin schon einige Jahre alt war, kam der Begriff “Blockchain” überhaupt erst auf. Seither ­subsumiert man unter diesem Oberbegriff mehr oder weniger dezentralisierte Technologien, die einen oder mehrere Aspekte des originalen Bitcoin-Systems implementiert haben. Mittlerweile ist “Blockchain” aber zum unscharfen Sammelbegriff verkommen, der allerlei meint: Automatisierung, dezentrale Datenbank oder schlicht Protokoll.

Das Problem dabei ist folgendes: Durch die ­absolute Verballhornung des Begriffs ist die Technologie zur Marketingfloskel verkommen. Keiner weiß mehr genau, was eigentlich der Sinn dieser eigentlich sehr behäbigen dezentralen Datenbank ist. Ad absurdum getrieben wurde der Begriff indes vom Aufkommen sogenannter privater Blockchains. Dabei haben nur Berechtigte Lese- und/oder Änderungs­zugriff auf die dort abgelegten Daten. Private Blockchains sind ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich.

Schließlich lebt die Blockchain von möglichst großer Dezentralität. Nur wenn alle Teilnehmer:innen gleichberechtigt zu einem Konsens über den Status des Ledgers gelangen, kann die Blockchain ihre Integrität nachweisen. Nein, eine Blockchain ist keine Eier legende Wollmilchsau und “private Blockchains” braucht sowieso kein Mensch. Nehmt doch einfach eine Datenbank.

Moritz Draht: “An privaten Blockchains verdeutlicht sich das Handlungs­spektrum der Technologie”

Die Motivation hinter der Bitcoin Blockchain war ein dezentrales, für alle einsehbares und für alle zugängliches Register. Sie macht keine Unterschiede zwischen Herkunft, Einkommen oder Sozialstatus. Vor der Bitcoin Blockchain sind alle gleich – der Open-Source-­Gedanke ist tief im Protokoll verankert. Was aber, wenn Informationen nicht mit allen geteilt werden sollen oder gar nicht dürfen?

Lieferketten, Patienteninformationen, Steuererklärungen: Es gibt viele Gründe, warum sich Unternehmen, Behörden, Verwaltungen, Ämter oder Einrichtungen gegen eine öffentliche und für eine private Blockchain entscheiden sollten. Private Blockchains – man spricht auch von “permissioned Blockchains” – sind im Gegensatz zu öffentlichen Blockchains nur für eine ausgewählte Gruppe von Teilnehmern zugänglich. Je nachdem, ob auch unautorisierte Teilnehmer die Daten mitverfolgen können, wird zusätzlich zwischen offenen und geschlossenen privaten Blockchains unterschieden.

Der Vorteil privater Blockchains liegt in der Optimierung für ausgewählte Anwendungen. Private Blockchains lassen sich auf bestimmte Use Cases zuschneiden. Allein aus Datenschutzgründen stellen private Blockchains oftmals das Mittel der Wahl dar. Sie konkurrieren auch überhaupt nicht mit öffentlichen Blockchain-Netzwerken, die im Kern auf den Transfer von Token ausgerichtet sind. An ihnen verdeutlicht sich eher das weite Handlungs­spektrum der Technologie. Die Entscheidung, ob private oder öffentliche Blockchain, ist daher keine idealistische, sondern eine rein pragmatische.

Disclaimer: Der Beitrag erschien bereits in der Maiausgabe unseres BTC-ECHO Magazins. Hier entlang zum Shop.