Nach NFTs und BRC 20 Token Die Zeit der Bitcoin Layer-2s ist angebrochen

Bitcoin nur ein digitaler Goldklumpen? Von wegen! Aktuell drängen sich mehrere Lösungen auf, die BTC funktionaler machen könnten. Eine Bestandsaufnahme.

Pascal Hügli
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Bitcoin-Münze

Beitragsbild: picture alliance / NurPhoto | Jakub Porzycki

| Bitcoin: Jetzt wieder in der Riege-der Billionen-Dollar-Assets

Bitcoin hat jetzt wieder die Grenze von einer Billion an Marktkapitalisierung überschritten. Dieses Kapital liegt immer noch brach und bleibt vorerst unproduktiv. Doch nicht für lange – die Bitcoin Layer-2s sind auf dem Vormarsch.

Jetzt, wo der Bitcoin-Preis derart im Steigen begriffen ist, scheint diese Grafik schon fast nicht mehr aktuell. Die generelle Idee bleibt aber gleich: Bitcoin «Smart Contracts» bergen ein massives Potential. Quelle: Spartan Research

Entwickler strömen zu Bitcoin

Es war das Taproot-Upgrade von 2021, das die Karten neu gemischt hat. Durch Taproot wurde das Ordinals Protokoll ermöglicht, wodurch Bitcoin NFTs und BRC-20 Token erschafft werden können. Das hat zu einer regelrechten Renaissance in der Bitcoin-Entwicklergemeinschaft geführt – nicht zuletzt deshalb, weil die Transaktionsgebühren auf Bitcoin als Folge des Ordinals-Hypes anstiegen, der Leidensdruck und damit das Skalierungsbedürfnis zunahm. 

Im Dezember 2023 unterstützen satte 1.071 aktive Entwickler jeden Monat leidenschaftlich Bitcoin. 40 Prozent der gesamten Bitcoin-Open-Source-Entwickler-Community konzentriert sich im Jahr 2023 leidenschaftlich auf Bitcoin-L2- und Skalierungslösungen. Bitcoin Layer-2s adressieren die Skalierbarkeit. Bekanntester Bitcoin-Layer ist das Lightning Netzwerk. Aktuell befinden sich etwas über 4.600 Bitcoin im Lightning-Netzwerk. Noch im Sommer des letzten Jahres waren es beinahe 5.500. Wenn auch die Entwicklung weitergeht und wir bei Weitem nicht von einem Rohrkrepierer sprechen können, so hat sich ob des langsamen Fortschritts doch etwas Ernüchterung breit gemacht. Beispielsweise hat sich ein Mitgründer der Bitcoin Wallet Mutiny kürzlich selbstkritisch über Lightning geäußert und Gedanken dazu geteilt, woran man als Community bezüglich Lightning zu arbeiten habe.

Das Wiederaufleben der Bitcoin Sidechains

Was das Lightning Netzwerk an Glanz einbüßt, gewinnen derzeit die Bitcoin Sidechains. Diese war schon in den Anfängen von Bitcoin ein Thema. Bereits Satoshi Nakamoto hat darüber geschrieben.

Bei den Sidechains handelt es sich um eine andere Art der Bitcoin-Skalierung. Während das Lightning Netzwerk keine eigene Blockchain mit Konsensmechanismus darstellt, ist das bei Sidechains anders. Diese verfügen über einen eigenen Konsensmechanismus und sind bisher hauptsächlich über sogenannte Bridges mit Bitcoin verbunden. Diese ermöglichen es, Bitcoin als Surrogate auf einer performanteren Infrastruktur zu halten.

Damit widerspiegeln diese Bitcoin Layer-2s die mehrschichtige Architektur, die wir von Ethereum kennen. Diese auf Bitcoin aufbauenden Ebenen bieten Funktionalitäten, welche der Bitcoin-Basis-Layer nicht in gleichem Ausmaß kennt: Programmierbarkeit, höhere Transaktionsgeschwindigkeiten, Datenverfügbarkeit, Anwendungsfunktionalität und mehr. Ein solcher Ansatz nutzt die Sicherheit und Stabilität von Bitcoin, während er gleichzeitig das enorme Kapital von Bitcoin freizusetzen versucht.

Ein Ziel, mehrere Herangehensweisen

Die prominentesten, bereits existierenden Bitcoin Layer-2s sind Liquid, Rootstock und Stacks. Der Autor dieser Zeile hat mit seiner Research-Firma im November 2022 zu diesen bereits vorhandenen Lösungen ein Forschungspapier veröffentlicht. In dieser Schrift sind sie im Detail beschrieben. Eine entscheidende Frage, die auch im Paper gestellt wird, ist: Wann ist ein Projekt tatsächlich ein Bitcoin Layer-2?

Nun, da Bitcoin ein offenes Protokoll ist, das über keinen CEO und keine Corporate-Branding-Abteilung verfügt, gibt es keine Autorität, welche diese Frage abschließend beantworten könnte. Nichtsdestotrotz sollte es verschiedene Kriterien geben, anhand derer man im Sinne einer Annäherung bestimmen kann, wann etwas als Bitcoin Layer-2 gilt und wann eher nicht.

Eine Möglichkeit, wie im oben erwähnten Forschungspapier beschrieben, ist den «Grad an Bitcoinness» zu bestimmen. Doch was macht diesen aus? Ein Bitcoin Layer-2 ist umso stärker mit Bitcoin aligniert, je näher seine Transaktionseinheit (Asset) und sein Konsens an Bitcoin gebunden sind. Projekte, die über eine «gewrappte» Version von Bitcoin auf einer Smart Contract Blockchain wie Ethereum verfügen, sind am wenigsten mit Bitcoin aligniert. Layer-2 Sidechains sind in dieser Hinsicht bereits näher an Bitcoin. Am nächsten sind Zusatzprotokoll wie das Lightning Netzwerk (mehr dazu und wieso liest du im erwähnten Forschungspapier nach).

Abstufungen der «Bitcoiness». Quelle: Insight DeFi

Der jüngste Versuch einer solchen Kategorisierung hat nun auch Bitcoin Magazine vorgenommen. Laut dem weltweit größte Bitcoin-Medienhaus sind die folgenden drei Punkte ausschlaggebend:   

  • Bitcoin muss durch den Layer-2 als natives Asset verwenden werden. Gibt es einen anderen Token (ein Bitcoin-”Surrogat”), muss dieser mit Bitcoin unterlegt sein.
  • Der Bitcoin-Basislayer muss als letztendlicher Abwicklungsmechanismus zur Durchsetzung von Transaktionen dienen. Das heißt: Als Nutzer muss man stets die Option haben, vom Layer-2 wieder zurück auf die Bitcoin-Mainchain wechseln zu können. 
  • Der Layer-2 muss eine funktionale Abhängigkeit zu Bitcoin haben. Das heißt: Sollte Bitcoin einen Totalausfall erleiden und der Layer-2 gleichwohl funktionsfähig bleiben, ist das ein Hinweis darauf, dass dieser unabhängig von Bitcoin funktionieren kann und somit kein eigentlicher Bitcoin Layer-2 sein kann.

Der Versuch, eine klare Definition von Bitcoin Layer-2 voranzutreiben, ist löblich. Gleichwohl Bitcoin Magazine mit Projekten, die über einen eigenen Coin verfügen, etwas hart ins Gericht. Denn hat ein Bitcoin-Layer seinen eigenen Token, will Bitcoin Magazine, damit nichts zu tun haben.

Nach dieser Definition ist zum Beispiel der aktuell populärste Bitcoin Layer-2 Stacks überhaupt keiner. So verfügt das Projekt nämlich über einen eigenen Coin namens STX. Dieser hat allerdings eine klare Funktionalität. Die primäre Anwendung ist es, die Verbindung zwischen Stacks und Bitcoin über den sogenannten Proof-of-Transfer-Mechanismus (PoX) herzustellen und damit den Konsensmechanismus von Stacks zu unterstützen. 

Die STX-Miner, welche den Layer-2 aufrechterhalten, tun dies in einer ähnlichen Weise, wie die Bitcoin-Miner die Bitcoin-Blockchain sichern. Letztere müssen eine reale Ressource in Form von Rechenleistung aufwenden, um neuen Blöcke an die Bitcoin-Blockchain anfügen zu können. Die STX-Miner ihrerseits müssen BTC – ebenfalls eine reale Ressource – aufwenden, um die Stacks-Blockchain fortzuführen. Machen sie das erfolgreich, erhalten sie STX als Belohnung.

Anstatt BTC jedoch zu «verkonsumieren», werden die BTC der STX-Miner an die «STX-Stackers» geschickt. Ein solcher wird man, indem man STX hält und diese – ähnlichen dem Staking bei Ether und anderen PoS-Blockchains – dem Stacks-Protokoll anvertraut. Die Tatsache, dass man als Stacker mit STX BTC-Renditen verdienen kann, verleiht dem STX-Coin einen Wert als Bitcoin-“Proxy” (mehr dazu hier).

Stacks wird zudem Ende April das sogenannte Nakamoto-Update durchlaufen. Nach dem Upgrade wird Stacks zu 100 % die Hash-Power von Bitcoin für die Sicherheit von Stacks-Transaktionen übernehmen. Damit wird Stacks Reorg-resistent sein. Das heisst: Wenn die Bitcoin-Blockchain reorganisiert, wird das im selben Ausmass auch für Stacks geschehen. Damit erfüllt der Layer-2 einen weiteren Punkt der Bitcoin-Magazin-Liste.

Letztlich wird bei Bitcoin aber ohnehin niemand definieren können, was ein echter Bitcoin Layer-2 ist und was nicht. Jede einzelne Lösung versucht auf ihre Art, Bitcoin zu mehr Funktionalität zu verhelfen.

So wie viele Wege nach Rom führen, dürften auch viele verschiedene Weg zur besseren Skalierung von Bitcoin führen. Quelle: Bitcoin Magazine

Worauf es ankommen wird: Adoption. Dasjenige Meta-Protokoll, was den Nutzen von Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel oder Tauschmittel signifikant und nachhaltig erhöht, wird denn auch durch die Marktteilnehmer ausgewählt werden.

Spreu vom Weizen trennen

Noch stecken wir bei der Entwicklung von Bitcoin Layer-2s erst gerade in der Anfangsphase. Das Interesse ist riesig und ein Teil des Fokus auf Projekte wie Ethereum oder Solana scheint sich auf Bitcoin zu verschieben. So fand in den USA eben die ETHDenver statt. Diese eigentlich auf Ethereum fokussierte Konferenz umfasste auch viele Bitcoin-Vorträge und wurde von verschiedenen Teilnehmer ob des großen Interesses an Bitcoin-Skalierungslösungen kurzerhand in BTCDenver umgetauft.

Ebenfalls ein Hinweis auf den aktuellen Interessenwandel ist der Umstand, dass einer der größten Solana-Bullen auf X, Joe Mccann einen auf Bitcoin DeFi Venture-Fonds mitgegründet hat und dabei Bitcoin-DeFi-Bull Dan Held an Board holte.Angesichts des sich ankündigenden Sturms an neuen Bitcoin-Skalierungsprojekten, wird es umso wichtiger sein, die Spreu vom Weizen trennen zu können. Wie die untenstehende Grafik zeigt, sind heute bereits zig Bitcoin Layer-Lösungen in den Startlöchern und viele weitere werden noch kommen. Sogar Justin Sun, das umstrittene Gesicht hinter Tron, will nun einen eigenen Bitcoin Layer-2 auf den Markt bringen.

Über den Autoren

Pascal Hügli ist Moderator, Debattierer und Dozent an der HWZ. Als Analyst für den deutschsprachigen Newsletter Insight DeFi möchte er die breite Masse kompetent und prägnant über die Ereignisse und Chancen der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. informieren. Auch ist er Autor von Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain.

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