Die Federal Reserve hat gestern zum dritten Mal in Folge den Leitzins um ein Viertelprozent gesenkt und damit das erwartete Ende ihres Straffungszyklus eingeläutet. Statt der herbeigeredeten “Liquiditätsbombe“ gab es jedoch nur technische Anpassungen.
Bitcoin sprang zwar kurz auf 94.000 US-Dollar, rutschte aber wenig später unter 90.000 – ein Verlauf, der jene Trader blass zurückließ, die im Vorfeld “bereit für den Pump“ waren. Wie geht es jetzt weiter?
Was die Fed wirklich beschlossen hat
Zinsentscheidungen dominieren die Schlagzeilen, doch das Wesentliche steht wie so oft im Kleingedruckten des FOMC-Statements. Die Fed spricht von einer moderat wachsenden Wirtschaft, sieht die Inflation weiter über dem Ziel und bewertet den Arbeitsmarkt vorsichtiger als im Oktober – ein Umfeld, das die erneute Senkung um ein Viertelprozent begünstigte. Mit Blick in die Zukunft bleibt die Notenbank aber optimistisch. Die Summary of Economic Projections (SEP) deutet auf mehr Wachstum, weniger Inflation und einen stabilen Arbeitsmarkt. Felix Jauvin von Blockworks nennt das eine “Goldilocks-Prognose“.
Entscheidend ist jedoch die Bilanzpolitik: Die Fed erklärt, die Bankreserven seien “auf ein zu niedriges Niveau gefallen.“ Ab Dezember sollen deshalb wieder kurzfristige Treasury Bills gekauft werden, um die Reserven stabil zu halten – zunächst bis zum Ende von Powells Amtsperiode im Mai. Rund 40 Milliarden US-Dollar monatlich könnte die Fed damit beisteuern. Marktbeobachter bewerten die daraus resultierenden Liquiditätseffekte unterschiedlich.
QE durch die Hintertür?
Die Fed betont, es handle sich nicht um verborgenen Stimulus, sondern um reines Liquiditätsmanagement zur Entspannung des Geldmarkts. Sie wolle keine neue Lockerungsphase einleiten, sondern lediglich verhindern, dass die Reserven weiter austrocknen.
Kritiker sehen das anders. Makro-Analyst James Lavish argumentiert, die Fed werde dies als “Reserve Management“ etikettieren und als vorübergehend darstellen, obwohl es faktisch eine Bilanzausweitung und damit zusätzliche Liquidität bedeute.
Auch Lyn Alden ordnet es ähnlich ein: “Die Märkte streiten über Semantik, während gleichzeitig Geld gedruckt und das Defizit monetarisiert wird. Im Kern handelt es sich um eine abgeschwächte Form von QE – zumindest vorerst.“
Warum das für Bitcoin zählt
Bitcoin korreliert eng mit der US‑Liquidität. Steigende Reserven erhöhen üblicherweise den Risk-Appetite, dennoch verpuffte der kurze Sprung auf 94.000 US‑Dollar schnell und mündete in einer Korrektur unter neunzigtausend.
Belastend wirkte Powells Hinweis, die Zinsen lägen “plausibel nahe der neutralen Spanne“. Das signalisiert eine Pause im Januar. Laut BTC‑ECHO‑Marktexperte Stefan Lübeck preisen Zinsfutures dafür inzwischen eine Wahrscheinlichkeit von achtundsiebzig Prozent ein.
Die Erwartung war im Vorfeld ohnehin überhitzt. Polymarket zeigte eine ungewöhnlich hohe Zuversicht auf weitere Zinsschritte. Das anschließende Pump‑and‑Dump reiht sich ein in das Muster der vergangenen FOMC‑Sitzungen: In den Tagen vor den Zinssenkungen steigt Bitcoin meist – und fällt danach zurück.
Andre Dragosch von Bitwise schreibt, Bitcoin werde nach FOMC‑Entscheidungen “typischerweise kurzfristig verkauft.” Die Kombination aus Zinssenkung und “QE, nicht QE“ am kurzen Ende steilt die Zinskurve aber wieder auf. Dragoschs Fazit: Das globale Geldmengenwachstum steuert auf neue Höchststände zu. Makro‑Analyst James E. Thorne ergänzt: “Ignoriert das Rauschen. Die US-Renditen sinken, die Druckerpresse läuft wieder an.“
Smart Money vs. Retail: das typische Setup
Eine Analyse von Santiment zeigt zudem, dass Retail-Anleger erneut am Hoch kauften und rasch abgestraft wurden. Während Adressen mit zehn bis zehntausend Bitcoin seit Ende November über 22.000 BTC akkumulierten, lief Retail der kurzfristigen Euphorie hinterher.
Die Analysten resümieren, dass Anleger erneut Opfer eines “Buy the Rumor, Sell the News”-Effekts geworden sind. “Was eigentlich eine bullische Nachricht sein sollte, hat aufgrund der vielen Privatanleger, die kaufen, und der größeren Wale, die ihnen ihre Coins gerne verkaufen, einen kurzfristig bärischen Effekt”, heißt es.
Das Muster ist bekannt: Profis positionieren sich frühzeitig für bessere Liquiditätsbedingungen, während Retail den Stimmungswechseln der sozialen Kanäle folgt. Diese Entwicklung deutet immerhin eher auf eine kurzfristige Schwäche Bitcoins.
Fazit: Kein Feuerwerk – aber ein struktureller Wendepunkt
Die Fed hat (noch) keine Liquiditätsoffensive gestartet, aber den Abfluss der Reserven gestoppt – unspektakulär, jedoch geldpolitisch relevant. Für Bitcoin bedeutet das mehr Fundament als Feuerwerk; für eine kräftige Jahresendrallye dürfte es dennoch erstmal nicht reichen.
Darüber hinaus bleibt ein signifikantes Risiko: Die Maßnahmen sind bewusst begrenzt und sollen den Liquiditätsengpass lediglich abfedern. Sollten neue Spannungen im US‑Finanzsystem auftreten, wären weitere Schritte eher ein Hinweis auf zunehmende Instabilität als ein kraftvoller Eingriff – mit entsprechend belastender Wirkung für Bitcoin. Einige Analysten halten es daher für möglich, dass der Markt bereits erste Stressszenarien einpreist. Ausschlaggebend wird nun sein, wie Bitcoin in den kommenden Tagen auf das veränderte Umfeld reagiert.
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Quellen
