Staking Zwischen gefährlicher Mining-Alternative und attraktiver Ertragsquelle

Die Zinsen für Anleihen purzeln weiter in den Keller und es wird immer schwieriger, planbare Renditen zu erzielen. Entsprechend verwundert es nicht, dass das sogenannte Staking immer mehr Investoren anlockt. Anstatt aufwändiges Mining betreiben zu müssen, reicht es beim Staking, seine Kryptowährungen dem Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Als Gegenleistung können sich Staker über attraktive Zinserträge in der jeweiligen Kryptowährung freuen. Die Binsenweisheit, dass man aufpassen muss, wenn sich etwas zu gut anhört, um wahr zu sein, sollte auch Staking-Enthusiasten eine Warnung sein. Warum Staking zwar eine gute Idee ist, man sich aber auch über die Fallstricke im Klaren sein sollte. Ein Kommentar.

Sven Wagenknecht
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Staking

Beitragsbild: Shutterstock

Das Staking von Kryptowährungen wird immer beliebter. Der Mechanismus, der im Vergleich zum Proof-of-Work-Verfahren wie bei Bitcoin weniger energieintensiv ist, bekommt durch Ethereum 2.0 zusätzliche Aufmerksamkeit. Schließlich möchte auch Ethereum, das genau wie Bitcoin noch auf Mining setzt, mit ihrem Update auf Version 2.0 auch eine Chain für Staking einführen. Andere Kryptowährungen wie Tezos oder Cosmos ziehen bereits viele Investoren an, die in Staking eine attraktive Ertragsquelle sehen.

Kurz und knapp – Was ist Staking?

Während sich beim Bitcoin Mining (Proof of Work) Rechner ein Wettrennen um die Abwicklung von Blöcken liefern, werden beim Staking (Proof of Stake) Validatoren ausgewählt, die eine Mindestanzahl an der entsprechenden Kryptowährung in der Wallet hinterlegt haben. Je höher das hinterlegte Kryptowährungsvolumen, desto größer die Beteiligung am Abwicklungsvolumen der Blöcke. Die ausgewählten Validatoren, ergo Staker, sind also ähnlich wie sonst die Miner für die Bestätigung der Blöcke zuständig. Für die Beteiligung am Konsensmechanismus erhalten sie einen sogenannten Staking Reward. Wie hoch dieser Reward ist, kann man bereits auf Seiten wie Staking Rewards einsehen.

Der Zins als Preis fürs Risiko

Wenn wir uns wie aktuell in einem Niedrigzinsumfeld befinden, dann wird es nicht möglich sein, einen nahezu risikolosen Ertrag von 6 Prozent per annum zu erzielen. Wenn auch nicht auf dem ersten Blick ersichtlich und aufgrund der zu vernachlässigen Größe des Staking-Markts, steht auch Staking grundsätzlich in Konkurrenz zu einer deutschen Staatsanleihe oder einer Schuldverschreibung vom Volkswagenkonzern. Entsprechend muss man realistisch bleiben, welche Renditen zu welchem Risiko zu erzielen sind.

Es hat einen Grund, warum ein eher großes Protokoll wie Tezos knapp 6 Prozent Staking Reward zahlt und bei einem weniger etablierten Protokoll wie Fantom 50 Prozent und mehr möglich sind. Diese Werte verändern sich zwar sekündlich. Dennoch erklären sie gut die Markt-Ökonomie hinter dem Staking.

Umso weniger Nutzer bereit sind zu staken, also ihre nativen Kryptowährungen dem Protokoll zu überlassen beziehungsweise einzuloggen, desto höher ist der Ertrag. Sicherheit und Dezentralität eines Netzwerkes gibt es nicht zum Nulltarif. Aus diesem Grund bekommen Anleger für deutsche Staatsanleihen weniger Zinsen sofern sie überhaupt welche bekommen als Anleger von argentinischen Staatsanleihen.

Staking ist nach wie vor Neuland

Die Angst vor einer ungesunden Marktentwicklung wie bei ICOs in den Jahren 2017 und 2018 braucht man aktuell beim wachsenden Staking-Markt noch nicht zu haben. Dennoch befinden wir uns in einer absoluten Experimentierphase. Selbst wenn wir Risiken theoretisch benennen können, fehlt es an historischen Präzedenzfällen aus der Staking-Praxis. Es fehlt an Erfahrungswerten, die neben rein technischen Indikationen wichtig sind, um einen Markt verstehen zu können. Pionier-Investoren können attraktive Renditen erwirtschaften, weil sie Versuchskaninchen einer neuen Finanzökonomie sind. Das ist auch nicht negativ. Nur sollte es nicht dazu führen, dass man die grundlegenden Prinzipien des Markts beziehungsweise des Chance-Risiko-Verhältnisses ausblendet.

Dabei darf man nicht vergessen, dass dadurch Kursverzerrungen der Kryptowährungen auftreten können. Wenn sich ein Großteil einer Kryptowährung im Staking (Pool) befindet, dann wird dadurch auch der Kurs gestützt beziehungsweise das handelbare Angebot verknappt. Beispielsweise befinden sich aktuell fast 80 Prozent aller Tezos im Staking, stehen also dem Markt nicht zur Verfügung und tragen zu einer Verknappung bei.

Volatilität, Slashing und Zentralisierung

Ein grundlegendes Risiko beim Staking besteht in der Volatilität. Wenn der Kurs stark fällt, ist es wenig tröstlich, dass die Auszahlungen hoch sind. Schließlich sollte man auch nicht in Aktien investieren, die zwar hohe Dividenden zahlen, aber dafür schlecht performen und im Kurs fallen. Genauso wie hohe Dividenden müssen hohe Staking-Erträge langfristig durch ein solides Geschäftsmodell respektive solide Nachfrage gedeckt werden.

Des Weiteren besteht die Gefahr, dass man als Staking-Validator abgestraft wird. Bei dem sogenannten Slashing wird ein Validator für fälschliches Verhalten sanktioniert. So funktioniert der Sanktionsmechanismus bei Tezos anders als beispielsweise bei Cosmos. Partizipiert eine Validator-Node längere Zeit nicht am Konsensus-Netzwerk beziehungsweise verpasst mehrere Blocks, dann kann dies dem Staker durch Abzug vom Kryptowährungsbestand in Rechnung gestellt werden. Auch können Sanktionen erfolgen, wenn Blöcke doppelt bestätigt werden oder Votes sich mehrfach widersprechen.

Zudem existieren beim Staking ähnliche Risiken wie beim Mining. Eine Zentralisierungstendenz, genau wie bei Mining-Unternehmen, kann es auch im Staking-Ökosystem geben. Szenarien wie eine 51-Prozent-Attacke sind genauso wenig ausgeschlossen. Die Beispiele zeigen, dass der Komplexitätsgrad um einiges höher ist als bei der Anlage auf dem Sparbuch, zumal noch mehr Risiken existieren.

Scams nur eine Frage der Zeit

Wenn neue Geschäfts- oder Anlagemodelle entstehen, die hohe Renditen versprechen, dann sind Betrüger nicht weit. Sei es das Schneeballsystem OneCoin oder die zahlreichen Scam ICOs, die nach ihrem Token Sale über alle Berge waren. Sollte die Aufmerksamkeit und der Bekanntheitsgrad des Stakings weiter zunehmen, dann ist damit zu rechnen, dass es viele Fake-Staking-Angebote in den nächsten Monaten geben wird. Gute Zeiten für Schneeballsysteme und Kriminelle.

Big Picture im Auge behalten

Das Aufkommen unseriöser Staking-Projekte ändert dennoch nichts an der grundsätzlich guten Idee. Staking kann zweifelsfrei eine sehr attraktive Investitionsform sein. Hier gilt wie bei jeder Anlageklasse auch, dass ein Staking-Portfolio auf verschiedenen Protokollen aufbauen sollte, sprich diversifiziert ist. Sofern sich das Staking-Vermögen auf viele verschiedene Investoren verteilt, ist der Konsensmechanismus eine sehr gute Alternative zum aufwändigeren Mining.

Dies erklärt unter anderem, warum Ethereum zukünftig auf Staking setzt. Aber auch außerhalb der Krypto-Community fasst man Staking zunehmend ins Auge. So arbeitet die Telekom-Tochter T-Systems selbst an einem entsprechenden Projekt. Schließlich bedarf es nicht nur Infrastrukturen für die Kommunikation, sondern auch für den sicheren Austausch von Werten. Staking kann hier der logisch nächste Schritt in der Digitalisierung und Erweiterung unserer gegenwärtigen Infrastruktur sein.

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