Warum die USA viel größere Probleme als Bitcoin hat – die Lage am Mittwoch

Das US-Finanzministerium sieht Bitcoin, Libra und andere Kryptowährungen als eine Frage der nationalen Sicherheit an. Doch was ist mit dem US-Dollar? Die Lage am Mittwoch.

Phillip Horch
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Bitcoin, US-Dollar und die nationale Sicherheit

Beitragsbild: Shutterstock

Bitcoin, der geplante Facebook Coin Libra und Kryptowährungen im Allgemeinen sind also eine Frage der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika. Das zumindest äußerte US-Finanzminister Steven Mnuchin in einer Rede am 14. Juli. Höchstwahrscheinlich ungewollt verweist der Millionär dabei auf einige dringende Baustellen, die weit über Bitcoin & Co. hinausgehen: Fragen der nationalen Sicherheit.

Der US-Haushalt ist das größte Problem der USA

Die Journalisten, die an der Pressekonferenz des US-Finanzministeriums, vertreten durch Steven Mnuchin, teilgenommen haben, ließen es sich nicht nehmen, Fragen zum aktuellen Schuldendeckel der USA zu stellen. Mnuchin wollte diese „vorerst“ nicht beantworten, so sollten doch Kryptowährungen im Fokus der Konferenz stehen. Nichtsdestotrotz verweist die Frage auf ein Problem, das gar nicht so weit von Bitcoin & Co. entfernt ist.

Denn wie etwa die Washington Post berichtet, befindet sich die Trump-Regierung in einem Abwärtssog aus Schulden. Mitverantwortlich sei hier ein Steuererlass des Republikanischen Kongresses aus dem Jahr 2017. In selbigem Jahr sei der USA dadurch eine Zusatzverschuldung von geschätzten 1,7 Billionen US-Dollar entstanden.

Im Jahr 2018 kam es dann zum Shutdown der US-Regierung – eine Maßnahme, da die Regierung nicht mehr in der Lage war, genügend Kapital für die von Trump geplante Mauer zu Mexiko aufzuwenden.

Der Schuldendeckel der USA

Nun gibt es in den USA das „debt ceiling“, zu gut deutsch der Schuldendeckel. Dieser soll dazu dienen, dem Kongress ein Limit zu setzen, wie viel Schulden die US-Regierung anhäufen darf. Der Clou an der Sache: Der Kongress ist nicht nur dafür verantwortlich, Geld auszugeben, sondern auch den Schuldendeckel zu regulieren. Donald Trump setzte diesen Schuldendeckel vom 9. Februar 2018 bis 1. März bereits außer Kraft. Wie der Kongress jedoch schätzt, wird die Regierung dennoch bis September dieses Jahres kein Geld mehr haben.

Wenn der Schuldendeckel ausgereizt ist, kann die US-Notenbank FED keine neuen Banknoten mehr drucken. Das Finanzministerium darf sich jedoch in der Rentenkasse, ausgenommen Sozialversicherung und staatliche Krankenversicherung, bedienen. Jedenfalls kommt die Regierung bzw. die Schatzkammer damit in arge Bedrängnis – kann sie doch keine Schulden mehr bezahlen. Die Folge: US-Beamte könnten keine Löhne mehr bekommen, Renten würden nicht mehr ausgezahlt werden. Über kurz oder lang würde die gesamte US-Wirtschaft leiden, ebenso würde der Wert des US-Dollars abnehmen.

Bei all diesen wirtschaftlichen Problemen erscheint die Kritik an Bitcoin, Libra & Co. gleich in einem anderen Licht.

US-Präsident Donald Trumps Twitter-Politik

Erst letzte Woche äußerte sich Donald Trump via seinem offenbar bevorzugten Sprachrohr Twitter über Bitcoin & Co., was letzten Endes auch der Bezugspunkt für Mnuchins Rede war. Der US-Präsident ließ indes kein gutes Haar an Kryptowährungen, sie basierten nur auf heißer Luft.

Die Implikation dabei: Bitcoin hat keinen intrinsischen Wert. Was Trump dabei gekonnt ignoriert: Auch die Welt-Leitwährung US-Dollar hat keinen Wert. Der Goldstandard wurde bereits im Jahr 1933 abgeschafft. Die Geldmenge des US-Dollars konnte beliebig ausgeweitet werden, die Deflation wurde gestoppt. Zuvor war der US-Dollar noch an den Wert des Goldes gekoppelt. Der Gegenwert des US-Dollars? Im Prinzip nichts als „heiße Luft“.

Um das zu verstehen, muss man ein wenig in die Funktionalität von Geld tauchen. Geld ist letztlich nichts anderes als ein Medium zum Tausch, das Versprechen also, etwas für seine Scheine oder Münzen zu bekommen. Der Grund übrigens auch, weswegen man Währungen im Bitcoin-Slang als „Fiat-Währungen“ bezeichnet. Das lateinische Wort fiat heißt übersetzt soviel wie „es werde“ – Fiatgeld transportiert also, stark verkürzt, das Versprechen, zu etwas zu werden.

Hyperinflation und Bitcoin

Länder wie Venezuela oder Simbabwe zeigen indes, dass dieses Versprechen nicht immer eingehalten werden kann. In der fehlerhaften Annahme, die zu Grunde gewirtschaftete Ökonomie retten zu können, drucken die Zentralbanken das, was sie am besten können: Mehr Geld. Dadurch verliert das Geld jedoch deutlich an Wert, eine Hyperinflation droht.

Eine praktische, weil deflationäre Alternative, bietet hier die Kryptowährung Bitcoin. Sie wird von keiner zentralen Institution herausgegeben. Sie wird einzig und allein durch das Bitcoin-Protokoll bzw. die Blockchain-Technologie und die dezentral verteilten Teilnehmer des Netzwerkes kontrolliert.

Durch die festgesetzte maximale Geldmenge von 21 Millionen Stück, ist Bitcoin per Definition nicht inflationär, sein Wert steigert sich auf lange Sicht – aller Volatilität zum Trotz.

US-Dollar: Leitwährung in allen Hinsichten

Zudem, das wird bei aller Kritik an Bitcoin & Co. gern übersehen, wird der allergrößte Teil der Verbrechen – ganz Gleich ob Geldwäsche, Drogenhandel oder Terror-Finanzierung – noch immer in Fiatwährungen bezahlt. Ganz vorne mit dabei: Der US-Dollar.

Daran offenbart sich in einem weiteren Rahmen das für Regierungen typische Phänomen der Symptombekämpfung. Denn wie der US-Finanzminister betonte, wolle man verhindern, dass „schlechte Akteure“ Kryptowährungen dazu verwenden, illegalen Aktivitäten nachzugehen. Die polemische Frage, die sich dabei aufdrängt: Sollten sie lieber den US-Dollar verwenden?

Fiatwährungen in bar gewähren nach wie vor das höchste Maß an Anonymität, ganz im Gegensatz zu Bitcoin, wo durch die öffentliche Blockchain Transaktionen ganz gut zurückzuverfolgen sind.

Die Kosten des Krieges werden nicht in Bitcoin bezahlt

Außerdem liegen die Probleme, die sich nach der Ansicht von Trump, Mnuchins und Co. an Kryptowährungen zeigen, doch viel tiefer in der Gesellschaft verankert. Spätestens seit Kain Abel erschlagen hat, gibt es Verbrechen. Dafür zu bezahlen oder sie vertuschen zu wollen, dazu dient letztlich Geld, transportiert es doch ein Versprechen. Das Transportmittel ist dabei gleich.

Ob Bitcoin, Libra oder durch den US-Dollar: Geld will immer gewaschen werden, so lange es Verbrechen gibt.

Die USA war laut Global Research seit 1776 seinem Bestehen zu über 90 Prozent der Zeit im Kriegszustand. Ein hoher Preis, um die globale Leitwährung zu verteidigen. Bereits im Jahr 2010 bezifferte der Congressional Research Service die Kriegskosten aller „großen US-Kriege“ seit 9/11 auf 1,1 Billionen US-Dollar. Der 1971 von Richard Nixon ausgerufene Krieg gegen Drogen kostete die USA laut American Progress seit 2015 jährlich mehr als 3,3 Milliarden US-Dollar. Dennoch befindet sich das „Land of the free“ laut Informationen des US-amerikanischen Nachrichtenmediums CNN nach wie vor in einer Opioid-Krise.

Bei den Problemen der Staatsverschuldung, der Drogenkrise, garniert mit einem Hauch von Rassismus Bitcoin & Co. als Frage der nationalen Sicherheit zu bezeichnen, wirkt dann doch etwas vermessen.

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