CBDC Notenbanken im Schlitterkurs: Kann eine digitale Vollgeld-Reform unser „Geld“ retten?

Unser Geldsystem ist nicht erst durch die Corona-Krise unter Druck geraten. Das Eingreifen der Notenbanken nimmt immer radikalere Züge an, um die Stabilität des Finanzsystems zu erhalten. Wie das Konzept des digitalen Vollgeldes dabei helfen kann, die Risiken im Finanzsektor zu reduzieren. Das Freitagskommentar.

Sven Wagenknecht
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Ein roter Rettungsring auf grauer Wand

Beitragsbild: Shutterstock

Vollgültiges gesetzliches Zahlungsmittel sind nur Banknoten und Münzen, die durch die Zentralbank herausgegeben werden. Das, was wir auf dem Kontoauszug sehen, bezeichnet man als Giral- oder Buchgeld. Je nachdem, ob wir im Soll oder Haben mit unserem Konto sind, stehen die digitalen Zahlen für Forderungen oder Verbindlichkeiten. Es besteht also ein theoretischer Rechtsanspruch auf Auszahlung in Form von Bargeld, ergo Notenbankgeld. Letztlich besitzen wir damit lediglich Ansprüche auf Geld, aber nicht das Geld selbst.

Corona-Krise als Gelegenheit: Warum gerade jetzt Alternativen sinnvoll sind

Die Geldschöpfung liegt zu 97 Prozent in der Hand der Geschäftsbanken. Dieses unkontrollierte Geldmengenwachstum durch Giralgeldschöpfung kann zur Erhöhung der Finanzrisiken führen. Sei es die Abkopplung von Finanz- und Realwirtschaft durch aufgeblähte Derivate oder die Abhängigkeit von Geschäftsbanken bei der Aufbewahrung von Vermögen.

Wer beispielsweise kein Bargeld im Tresor bunkert, muss im Falle eines Bankenzusammenbruches um sein Geld auf dem Konto fürchten. Zwar gibt es Rettungsmechanismen wie die Europäische Einlagensicherung, die Guthaben bis 100.000 Euro versichern. Zudem gehören viele Banken den freiwilligen Einlagensicherungssystemen von Banken und Sparkassen an, wodurch Einlagen noch einmal zusätzlich geschützt sind. Letztlich steht diese Sicherheit im Falle einer heftigen Finanzkrise aber auch auf wackeligen Beinen.

Durch die Corona-bedingten Kreditausfälle in den nächsten Monaten müssen wir uns mehr denn je um die Stabilität unseres Finanzsektors und unserer Währungen sorgen. Konzepte, wie man die Risiken in unserem Geldsystem reduzieren und den Einfluss der Finanzwirtschaft auf die Realwirtschaft reduzieren kann, sind daher jetzt dringend notwendig.

Mehr Stabilität durch digitales Vollgeld

Ein Ansatz zur Stabilisierung unseres Finanzsystems ist die Einführung von so genanntem Vollgeld. In Deutschland wird das Konzept des Vollgeldes unter anderem durch die Initiative Monetative e.V. gefordert. Unter Vollgeld versteht man ausschließlich Geld, das von der Notenbank geschöpft wurde.

Vollgeld kann damit helfen, das Bonitätsrisiko von Geschäftsbanken zu umgehen. Anstatt als Privatperson oder Unternehmen Forderungen gegen eine Bank zu besitzen, wäre das Vollgeld nur von der Bonität der Zentralbank abhängig. Da Zentralbanken wiederum nicht insolvent gehen können, würde das Emittentenrisiko wegfallen. Man hätte also die Wahl zwischen einem Vollgeld-Konto bei der Zentralbank und privaten Geld, das von Banken geschaffen wird und von deren Bonität abhängt.

Auch die Angst vor Bank Runs, wie sie immer wieder in Krisenzeiten aufkommt, könnte damit eingedämmt werden. Die Wahlmöglichkeit durch zusätzlichen Zugang zu digitalem Zentralbankgeld, ergo Vollgeld, würde die Erpressbarkeit von Staaten durch Banken im Falle einer erneuten Bankenkrise reduzieren.

Keine Digitalisierung ohne digitales Geld

Mit Hilfe der Blockchain-Technologie, genauer gesagt dem Medium Token, haben wir nun die Möglichkeit, das Konzept des digitalen Vollgeldes durch eine Central Bank Digital Currency (CBDC), also digitales Zentralbankgeld, umzusetzen. Im digitalen Zeitalter ist die zusätzliche Entmaterialisierung von Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel dringend notwendig. China hat dies längst verstanden und vor kurzem CBDCs zu Testzwecken eingeführt.

Wir befinden uns in einem Wettrennen der Volkswirtschaften und politischen Systeme um das klügste Geld. Soll bedeuten, dass die Währungsräume einen wirtschaftlichen Vorsprung erlangen, die es am besten schaffen, programmierbares Geld in ihre digitale Infrastruktur einzubinden. Sei es für die Industrie und deren Automatisierung bis hin zu Dienstleistungsverträgen und hoheitlichen Verwaltungsaufgaben des Staates wie zum Beispiel Steuern.

Umsetzung mit der Blockchain: Vollgeld als CBDC

Bei der Digitalisierung unseres Geldes ist es wichtig, auch den regulatorischen Rahmen anzupassen. Ohne ein angepasstes Regelwerk wird die Digitalisierung schnell zu einem Alptraum. Eine Vollgeld-Reform wäre eine solche Anpassung, die Fortschritt (Digitalisierung) mit Stabilität (Risiko, das von Banken ausgeht, wird reduziert) kombinieren kann.

Wie das perfekte Geldsystem aussehen muss, kann niemand genau sagen. Umso wichtiger ist es, jetzt, genau wie China es macht, Testläufe mit CBDCs in der Praxis durchzuführen. Unser Finanzsystem befindet sich in einem Ausnahmezustand und hat sich immer stärker von der Realwirtschaft abgekoppelt. Trotz Rekordarbeitslosenzahlen performen die Börsen als hätte es keine Corona-Krise gegeben.

Vollgeld wird dieses Ungleichgewicht nicht von heute auf morgen lösen. Es kann aber dabei helfen, eine Gesundung einzuleiten oder diese zumindest zu unterstützen. Das Vertrauen der Banken untereinander ist aktuell dermaßen am Boden, dass man sich kaum noch Geld leiht. Bereits vor der Corona-Krise war der Repo-Markt unter Druck geraten. Stattdessen nehmen Banken Minuszinsen (aktuell 0,5 Prozent bei der EZB) bei der Zentralbank in Kauf. Ohne den Schmierstoff Vertrauen kann es aber kein funktionierendes Geldsystem und langfristig keine funktionierende Realwirtschaft geben. Wir haben mehr denn je Grund zum Anlass, die bestehende Regulatorik zu hinterfragen.

Wer mehr zu der Thematik erfahren möchte, dem sei der kürzlich erschienene Podcast: „Digitalisierung des Geldes – Libra, E-Euro, CBDC, Vollgeld?“ empfohlen.

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