Neutrale Einschätzungen? Neues Tool fühlt Bitcoin-Analysten auf den Zahn

Wer kennt das nicht: Experte A sagt auf Twitter, dass der Bitcoin-Kurs in den nächsten sechs Monaten durch die Decke gehen wird. Experte B behauptet wiederum das genaue Gegenteil. Wer von den beiden hat jetzt recht? Und spielen bei der Einschätzung der Bitcoin-Analysten vielleicht nicht ganz uneigennützige Motive eine Rolle? Ein neues Tool will genau diese Fragen beantworten.

Selim Baykara
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Beitragsbild: Shutterstock

Bei dem Tool handelt es sich um eine Browser-Erweiterung für Chrome und Mozilla – das Add-on trägt den treffenden Namen Coinflict of Interest. Die Bezeichnung (Conflict of Interest= Interessenkonflikt) spielt auf die Tatsache an, dass in den sozialen Medien meist sehr widersprüchliche Meinungen zu Kryptowährungen vorherrschen. Weshalb man die Interessen, jener, die sie äußern, berücksichtigen sollte.

Browser-Tool entlarvt Vorurteile von Bitcoin-Analysten

Coinflict of Interest will dieses Problem lösen, indem es den sogenannten „bias“, also die Voreingenommenheit, von bekannten Analysten aufzeigt. Nutzer sollen damit erkennen, ob die jeweilige Person wirklich ihre ehrliche Meinung sagt oder eine eigene Agenda verfolgt, beispielsweise weil sie selbst in eine bestimmte Kryptowährung investiert hat. Damit hätte sie dann auch ein ganz konkretes Interesse daran, die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen.

Luke Childs, dem Open-Source-Entwickler des Tools, zufolge, ist das inzwischen ein echtes Problem. Weil Kryptowährungen immer populärer würden, steige auch die Anzahl der – oft selbsternannten – Experten. Daher werde es auf Twitter zunehmend schwierig, echte Meinungen aus der Masse der verschiedenen Stimmen herauszufiltern.

So funktioniert Coinflict of Interest

Das Vorgehen dabei: Bei jeder Aussage zu einer Kryptowährung auf Twitter prüft er, was die Person in der Vergangenheit bereits gesagt hat. War die Meinung, beispielsweise zu Bitcoin, bislang eher positiv, während die aktuelle Aussage einen rapiden Wertverfall vorhersagt, geht er davon aus, dass es sich um die echte Meinung handelt. Wenn die Person in der Vergangenheit wiederholt Bitcoin-Bashing betrieben hat und sich aktuell wieder negativ äußert, lautet die Schlussfolgerung: Diese Person ist voreingenommen und verfolgt eigennützige Motive.

Die Idee dahinter ist recht simpel und bis zu einem gewissen Grad auch nachvollziehbar. Wenn jemand gegen seine eigentliche Meinung argumentiert, ist das glaubwürdiger, als wenn er nur das sagt, was er schon immer behauptet hat. In diesem Fall ist er nämlich schlicht voreingenommen – seine Meinung wird von bisherigen Ansichten beeinflusst. Problem dieser Methode: Laut Childs ist es recht aufwändig, sich jedes Twitter-Profil anzuschauen und genau zu prüfen, was die Person in der Vergangenheit gesagt hat. Und genau da kommt Coinflict of Interest ins Spiel.

Automatische Analyse von Bitcoin-Tweets

Das Tool automatisiert den Prozess und checkt alle Tweets, die ein Analyst zu einer bestimmten Kryptowährung bereits verfasst hat. Wenn der Benutzer nach der Installation der Erweiterung auf das Twitter-Profilbild des Analysten klickt, taucht darunter ein Diagramm auf. Hier sieht man dann, wie stark die Voreingenommenheit für eine bestimmte Kryptowährung ist. Entsprechend kann man die betroffene Aussage besser einordnen.

Bislang funktioniert Coinflict of Interest nur mit vier Kryptowährungen, nämlich Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH), Ripple (XRP) und Bitcoin Cash (BCH). Childs selbst gibt auch zu, dass das Tool keineswegs perfekt ist und noch es viel Potential für Verbesserungen gibt. Allerdings sei es schon jetzt „akkurat genug, um Krypto-Enthusiasten bei ihren Entscheidungen zu helfen“.

Auch wenn man sich darüber streiten mag, ob man beliebige Aussagen wirklich in ein simples, binäres Schema pressen kann: Das Tool dürfte bei vielen Nutzern einen Nerv treffen. „Krypto-Experte“ oder „Bitcoin-Analyst“ sind schließlich keine geschützten Berufsbezeichnungen. Und bei den vielen Meinungen auf Twitter fragt sich der eine oder andere sicherlich, ob da auch wirklich echte Fachleute dahinterstehen. Immerhin steigt in Deutschland die Anzahl der Ausbildungsplätze im Blockchain-Sektor. Vielleicht muss man sich eines Tages also gar nicht mehr auf Autodidakten verlassen.

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