Krypto-Anarchie: „… then they fight you, then you win“

Kryptowährungen sind zwar noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Allerdings lässt sich bereits jetzt feststellen, dass sie nicht mehr in den Tiefen des Internets verschwinden werden, wo sie hergekommen sind. Diese Realisation scheint sich langsam auch bei der etablierten Finanzwelt einzustellen – und auch der Fiskus erwacht. Wie will man gegen Kryptowährungen vorgehen?

Alex Roos
von Alex Roos
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Wer genau hinschaut, erkennt langsam Bewegung auf Seiten der Regulatoren. Die EU verabschiedet Auflagen für Kryptobörsen, wonach die Kundendaten bis auf 10 Jahre gespeichert werden müssen. Die Finanzbehörde in Japan, FSA, vergibt keine Lizenzen an Exchanges, die private Kryptowährungen gelistet haben. Der Vorwand für die Regulierung ist das Verhindern von Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Man möchte Kryptowährungen sukzessive de-anonymisieren, um die neue Technologie unter Kontrolle zu bringen. Der Kampf gegen die dezentrale Technologie hat begonnen.

Das „Schmuddel-Argument“

Auch wenn der erste Kauf mit Bitcoin heute (22.5.2018) vor acht Jahren zwei Pizzen waren, blieb die Anwendung des digitalen Geldes nicht lange so unschuldig. Auf dem Darknet Market „Silk Road“ konnte man knapp ein Jahr später alle möglichen (und unmöglichen) Dinge erwerben: Drogen, Waffen und andere illegale Waren standen frei zum Verkauf. Das alles passierte über das Internet – oder eher Darknet – ohne jegliche staatliche Kontrolle. Auch nachdem die Silk Road spektakulär entlarvt und gestoppt wurde, konnte der Handel mit illegalen Gütern nicht unterbunden werden. Ähnlich wie die Köpfe der Hydra in der griechischen Mythologie wuchsen einfach neue Seiten aus dem Internet. Der Markt ließ sich nicht stoppen.

Nichtsdestotrotz hört man oft das Argument, dass man solche Märkte nicht zulassen dürfe. Diese Aussage impliziert eine Bürokratie, die in der Lage ist, die Wirtschaft unter Kontrolle zu halten. Mit anderen Worten, gefordert ist ein Geldsystem, welches über die Funktion als Zahlungsmittel hinaus auch noch die Kontrolle über selbiges an eine zentrale Autorität vergibt. Kontrolle heißt, in der Lage zu sein, alle Zahlungsströme sehen und zuordnen, gegebenenfalls Zahlungen zensieren oder Konten gar komplett einfrieren/auflösen zu können. Zahlungsmittel, die außerhalb dieser Kontrolle stehen, dürfen nicht zugelassen werden. Diese Forderung sollte nicht leichtfertig hingenommen werden, stellt sie doch einen massiven Eingriff der staatlichen Hand in die Wirtschaft und in die Privatsphäre des Individuums dar.

Die Regulierung trifft die Falschen

Ein Blick auf die Fakten der heutigen Welt: Asymmetrische Kryptographie ist hier und bleibt. Die logischen Implikationen und daraus resultierenden Technologien sind ebenfalls bereits entwickelt und in der Öffentlichkeit. Beeindruckend ist auch, wie schnell die Innovation voranschreitet. Durch die Kollaboration von global verteilten Individuen, wird es bald möglich sein, bequem und völlig anonym den Einkauf online zu tätigen. Bereits heute gibt es eine unaufhaltsame Methode für Menschen sich miteinander zu vernetzen und Handel zu betreiben. Was passiert also, wenn dennoch eine kontrollierende Bürokratie etabliert wird?

Die Planwirtschaft der Sowjetunion forderte etliche Millionen Leben und sollte als Warnung vor staatlichem Eingriff in die Wirtschaft gelten. Ein solches System, das totale Kontrolle über die Untertanen erlaubt und wünscht, wird im Regelfall missbraucht. Anfänglich sichert das Argument „wer nichts schlimmes tut, hat auch nichts zu verbergen“ die Legitimität des Kontrollsystems. Doch schließlich liegt es im Ermessen der Regierung, wen sie als kriminell betrachten.

Wer Schlimmes tun möchte, hat immer die Mittel dazu – und wird sich nicht aufhalten lassen. Terroranschläge können auch mit LKWs durchgeführt werden – sollte man sie deswegen verbieten? Was ist mit Küchenmessern? Die Realität ist, dass der Staat uns nicht vor den Übeln der Welt schützen kann und jeglicher Versuch scheitern wird. Auch wenn böse Menschen Böses wollen, ein LKW, ein Küchenmesser oder eine Kryptowährung sind an sich wertneutral. Es kommt darauf an, was die Menschen damit anstellen. Ist eine Welt in der jeder kleinste Teil des Lebens, jede Transaktion überwacht wird, wünschenswert?

„… then they fight you…“

Ein Kampf gegen Kryptowährungen kann auf vielen Leveln ausgetragen werden. Argumente wie „Terrorfinanzierung“ zählen zu sozialen Angriffen. Die Technologie selbst lässt sich nicht stoppen, daher möchte man die Leute aus freien Stücken dazu bewegen, sich nicht damit auseinanderzusetzen. Ein ähnliches Beispiel findet sich in den Vereinigten Staaten der 1930er-Jahre, als Franklin D. Roosevelt der Bevölkerung verbat, Gold zu verwahren und Verweigerer als unpatriotisch bezeichnete.

Auf technologischer Ebene gibt es zum Beispiel die 51-%-Attacke, allerdings ist diese für Bitcoin sehr teuer und wirklich stoppen ließe sich das System selbst dann nicht.

Der Kampf gegen Bitcoin läuft gerade erst an. Er wird vor allem auf einer ideologischen Ebene geführt -„wer Bitcoin et. al. benutzt, hat doch Dreck am Stecken“. Eine weitere Vorgehensweise ist, den Handel und die Akzeptanz von Kryptowährungen zu verbieten. Aber selbst dann existieren die Währungen noch und selbst dann können Menschen mit technischen Mitteln wie einem VPN auf ausländische Dienste zugreifen. Es wirkt unwahrscheinlich, dass jemals eine weltweit uniforme Regulation beschlossen wird, zumal kleinere Länder, wie beispielsweise Malta oder Gibraltar, ihre Chance für den wirtschaftlichen Aufstieg wittern.

„… then you win“

Die Wahrheit ist allerdings, dass nicht jeder Bitcoin-Nutzer kriminelle Machenschaften im Schilde führt. Genauso wie ein Küchenmesser in der Regel zum Schneiden von Gemüse verwendet wird und nicht zum Morden. Das kann zwar vorkommen, aber die Schuld liegt nicht in der Natur des Küchenmessers, sondern in der Handlung des Mörders.

Ähnlich wie der Buchdruck, das Internet oder Smartphones sind auch Kryptowährungen eine Erfindung der Menschheit, die das Leben nachhaltig verändert. Was für uns heute noch Neuland ist, wird bald Standard sein. Die nächste Generation wird keine Welt ohne Bitcoin kennen, genauso wie für uns das Internet nicht mehr wegzudenken ist. Die Idee von Satoshi Nakamoto eines direkten, elektronischen Zahlungssystem wird ausreifen und in der Lage sein, eine globale Wirtschaft mit Leben zu füllen. Das „Schmuddel-Argument“ hält sich meist nur bei denen, die noch nie selbst Kryptowährungen benutzt haben.

Timothy C. May schließt sein krypto-anarchistisches Manifest mit den Worten:

„Genauso wie eine scheinbar unbedeutende Erfindung wie die des Stacheldrahts das umzäunen von weitläufigem Land möglich machte, und damit für immer das Konzept von Land und Eigentumsrechten an der Westfront veränderte, genauso wird die scheinbar kleine Entdeckung in einem alten Arm der Mathematik eine Schere für den Stacheldraht um intellektuelles Eigentum sein.“

Ist es nur eine Frage der Zeit, bis Mays Vorahnung alltägliche Realität ist? Die Entscheidung, Kryptowährungen zu nutzen oder nicht, liegt bei jeder Person selbst. Letztendlich kann durch die individuelle Wahl des Zahlungsmittels eine ähnlich friedliche Revolution passieren wie die Befreiung Indiens durch Mahatma Gandhi.

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