Gastbeitrag Die Wiederauferstehung des Schweizer Bankgeheimnisses

Ein Gastbeitrag von Demelza Hays zu Bitcoin, Kryptowährungen und dem Schweizer Bankgeheimnis.

Demelza Hays
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Beitragsbild: Shutterstock

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag von Demelza Hays. 

Bevor das geliebte Schweizer Bankgeheimnis in den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2017 nach einem langen und friedvollen Leben seinen Atem aushauchte, hüstelte es lediglich verlegen. Eine Autopsie ergab später, dass die Todesursache in der Unterzeichnung des Gesetzes zum Automatischen Informationsaustausch (AIA) gelegen haben muss. Dieses Gesetz zwingt die Schweiz dazu, Informationen zu Schweizer Bankkonten mit den Steuerbehörden 97 weiterer Länder zu teilen. Auch wenn das Bankgeheimnis für Personen, die in der Schweiz steuerpflichtig sind, weiterhin bestehen bleibt, beklagen doch all jene diesen Verlust, die über ein Bankkonto in der Schweiz verfügen, aber ihren Wohnsitz in einem anderen Land haben.

Das chronische Meldesyndrom

Der Patient litt bereits unter dem chronischen Meldesyndrom, seitdem die US-Verwaltung im Jahr 2013 den 1.000 Seiten dicken Wälzer namens Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) unterzeichnet hatte. Dieser verpflichtete Schweizer Banken dazu, Informationen über Anlagen, welche sich im Besitz von US-Amerikanern befanden, an den US-amerikanischen Internal Revenue Service weiterzugeben. Aufgrund der hohen Kosten, die mit dieser Meldepflicht einhergingen, erlaubte UBS Kunden aus den USA nur noch dann die Eröffnung eines neuen Kontos, wenn sie bestimmten Filialen einen Besuch abstatteten, wie etwa der in Kreuzlingen an der Grenze zu Deutschland.

Das graduelle Verschwinden des Schweizer Bankgeheimnisses begann mit der Verabschiedung des Banking Secrecy Act (BSA) in den 1970er-Jahren. Im Jahr 1986 brachte der Money Laundering Control Act (MLCA) die nächste Welle an Vorschriften mit sich. Die Tatsache, dass BSA und MLCA für den Gesetzgeber nicht ausreichend waren, sollte niemanden erstaunen. Nur ein paar Jahre später, im Jahr 1990, wurde das Financial Crimes Enforcement Network gegründet, um den BSA effektiver durchzusetzen. Hierzu gesellte sich 1992 der Annunzio-Wylie Anti-Money Laundering Act, welcher den BSA um die Vorgabe erweitert, dass US-Banken bei täglichen Transaktionen von mehr als 10.000 US-Dollar einen Suspicious Activity Report (SAR) und einen Currency Transaction Report (CTR) ausfüllen müssen. Schlussendlich muss noch der PATRIOT (Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism) Act erwähnt werden, der seit 2001 festlegt, auf welche Art und Weise amerikanische Banken mit ihren ausländischen Partnern zu interagieren haben.

Zusätzlich zu FinCEN nahm auch das Office of Foreign Assets Control (OFAC), welches 1950 gegründet wurde, eine wichtige Rolle ein, um den BSA in Bezug auf „speziell designierte Nationalitäten“ (SDN) durchzusetzen. Hierbei handelt es sich um das Staatsorgan, welches dafür zuständig ist, Handelssanktionen festzulegen und durchzusetzen, wie etwa die US-Sanktionen gegen den Iran.

Wenn Normalverbraucher verfolgt werden

Zu den schlimmsten Dingen, die einem Land oder einer Bank zustoßen können, gehört es, wenn sie auf einer derartigen Liste landen. Für US-Banken ist es streng verboten, mit jenen, die auf dieser Liste stehen, zu interagieren. Jede Banküberweisung an eine Bank oder Person auf der SDN-Liste wird automatisch geblockt. Dies bietet zum Beispiel der Regierung Trump die Möglichkeit, die Bankkonten der irakischen Regierung bei der New Yorker Fed zu beschlagnahmen, sollte sie nicht dazu bereit sein, auf bestimmte Forderungen einzugehen.

Diese Gesetze dienen jedoch nicht nur dazu, Regierungen und Banken zu verfolgen, sondern können auch gegen Normalverbraucher, wie etwa Studenten und Pensionäre, angewandt werden.

Durch BSA werden Banken dazu gezwungen, ein Mitglieder-Identifikationsprogramm für all jene einzuführen, die ein Konto eröffnen wollen. Die Bank sammelt hierfür Daten zum Alter, der Schulbildung, dem Arbeitsverhältnis, dem Geschlecht oder dem Einkommen der Kunden. Banken nutzen diese Daten, um ihre Kunden legal auszuspionieren und verdächtige Tätigkeiten zu berichten. Wenn z. B. eine pensionierte Großmutter in den USA einen Scheck über 10.000,01 US-Dollar von einer Privatperson oder einem Unternehmen erhält, so muss die Bank ein SAR-Formular ausfüllen und an das FinCEN weiterleiten. Die Bank kann die Zahlung einfrieren, bis der Zahlungsursprung verifiziert und bestätigt wurde, und von dieser Möglichkeit macht sie auch häufig Gebrauch.

Statt einer Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für private Unternehmen brauchen wir eine DSGVO, die festlegt, welche Daten unsere Regierungen über uns sammeln und mit anderen Regierungen und Unternehmen ohne unsere Zustimmung teilen darf. Ein Beispiel dafür, warum wir unsere Daten vor der Regierung schützen müssen, ist ein Bericht, der vor Kurzem offenlegte, dass das kalifornische Department of Motor Vehicles (DMV) jährlich über 50 Millionen US-Dollar dadurch einnimmt, dass es die Adressen, Geburtsdaten und Namen von Kaliforniern an Versicherungen, Prüfungsunternehmen und Automobilhersteller verkauft. Einwohner Kaliforniens, die einen Führerschein oder Fahrzeugbrief beim DMV beantragten, wurden bisher nicht darüber informiert, dass ihre Daten an private Unternehmen verkauft werden.

Momentan teilen 110 Länder miteinander Informationen zu Bankkonten, die sich im Besitz von Ausländern befinden. Gerade im Bereich der ehemaligen Sowjetunion gibt es aber viele Länder, die dem Gesetz zum Automatischen Informationsaustausch nach dem Common Reporting Standard (CRS) der OECD nicht entsprechen. Zu den Ländern, die Daten zu den entsprechenden Bankkonten nicht mit der OECD teilen, zählen Georgien, Armenien, Serbien, Montenegro, Kasachstan und Nord-Mazedonien. In Asien gibt es in den Philippinen und in Kambodscha weiterhin ein Bankgeheimnis. Auch in Lateinamerika gibt es mit Guatemala und Paraguay zwei Länder, die aufgrund ihrer unkooperativen Haltung Kapital anziehen. Erstaunlicherweise ist auch die USA kein Teil des CRS. Aus diesem Grund sprechen Offshore-Experten, wie etwa Nomad Capitalist, davon, dass in den USA ein hoher Grad an Datenschutz erreicht werden kann, indem man auf ein komplexes Netz an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zurückgreift.

Kryptowährungen als internationale Form des Schweizer Bankgeheimnisses

Kryptowährungen lassen das Schweizer Bankgeheimnis wieder aus dem Grab auferstehen, glücklicherweise nicht als Zombie, sondern gesünder als es selbst in seiner Jugend war. In der goldenen Zeit der Schweizer Bankenanonymität konnten Normalverbraucher und professionelle Investoren gleichermaßen ein „nummeriertes“ Bankkonto anfragen. Diese sogenannten „Goldfinger-Konten“ ermöglichten, dass nur der Bankier und sein Compliance-Beauftragter wussten, wem das Konto gehörte. Jeder andere sah lediglich eine pseudonymisierte Kontonummer. Dies ähnelte Bitcoin in seiner heutigen Funktionsweise, mit der Ausnahme, dass der Bankier und sein Compliance-Beauftragter nicht wissen, wem eine Bitcoin Wallet gehört. Genaugenommen wissen der Bankier und sein Compliance-Beauftragter noch nicht einmal, ob eine bestimmte Wallet überhaupt existiert.

Der globale Wert aller Offshore-Konten liegt bei 19.000 Milliarden US-Dollar und immer mehr Investoren wenden sich Kryptowährungen zu, um ihre Gelder in Übersee zu diversifizieren. Es ist anzunehmen, dass die Verwendung von Kryptowährungen für Offshore-Zahlungen aufgrund von Kapitalkontrollen, Staatsschulden, unpopulärer Finanzpolitik, Entwertung der nationalen Fiatwährungen und der wachsenden Verfügbarkeit von Unternehmen, die Kryptowährungen sicher lagern, ohne dabei Know-Your-Customer- und Anti-Money-Laundering-Bestimmungen zu befolgen, noch zunehmen wird.

Identifizierbarer Besitzer zwingend erforderlich

Dezentralisierten Kryptowährungen fällt es schwer, mit den jüngsten Hinzufügungen zum BSA durch FinCEN konform zu gehen. Diese zwingen Unternehmen, LLCs, Partnerschaften und Trusts dazu, einen identifizierbaren Besitzer anzugeben. Im Fall der Kryptowährung Dash hingegen liegt die Entscheidungsgewalt bei der Dezentralen Autonomen Organisation (DAO), welche Entscheidungen über die Zukunft des Netzwerks trifft.

Über Vorschläge abstimmen kann dabei jeder, der mindestens 1.000 Dash besitzt. Im Jahr 2019 entschied die Dash DAO sich dafür, eine Stiftung auf den Kaimaninseln einzusetzen, welche die unterschiedlichen Güter des Netzwerks stellvertretend besitzt. Da es Banken nicht möglich ist, einen Besitzer des Dash-Netzwerks zu definieren, kann die Dash DAO auch kein Bankkonto beantragen. Auch wenn weltweit nicht jede Entität dazu verpflichtet ist, dem BSA zu folgen, so kann ein Nichtbeachten des BSA doch dazu führen, dass die entsprechende Entität auf Zahlungen mit dem US-Dollar vollständig verzichten muss. Daher müssen selbst jene Entitäten den Vorgaben folgen, die in Drittländern, wie etwa den Kaimaninseln oder der Schweiz, inkorporiert sind. Aus diesem Grund haben sich die Dash DAO und die dazugehörige Stiftung dafür entschieden, vollständig außerhalb des Bankensystems zu operieren.

Ein klug diversifiziertes Portfolio außerhalb des Bankensystems war vor der Erfindung von Kryptowährungen und der Blockchain-Technologie noch undenkbar. Mittlerweile haben Investoren jedoch die Möglichkeit, sich ein Portfolio einzurichten, welches der Wertentwicklung der traditionellen Märkte mithilfe von Smart Contracts folgt. Für Gold gibt es Stable Coins, die mit Gold gedeckt sind, für Grundeigentum gibt es Stable Coins, die mit Grundeigentum gedeckt sind, und durch dezentrale Protokolle wie Synthetix können Nutzer einen Coin schaffen, der einer Aktie von Microsoft, Apple oder eines anderen Unternehmens entspricht. Durch die Blockchain können Investoren einen Zugang zum traditionellen Markt finden, ohne wirklich ein Teil von ihm zu sein. Diese Parallelgesellschaft hat bereits die Aufmerksamkeit vieler ernstzunehmender Investoren erregt. Über 1,1 Milliarden US-Dollar wurde bereits in dezentrale Finanzanwendungen investiert.

Im Verlauf der letzten zwei Dekaden versuchten viele digitale Nomaden, erdrückende Vorschriften, teure Compliance und hohe Steuern dadurch zu umgehen, dass sie in ein anderes Land gezogen sind. Die Regierungen der verschiedenen Länder haben durch weltweite Meldeschemata wie FATCA und CRS dafür gesorgt, dass sie weiterhin ihren Anteil erhalten haben. Als Antwort darauf wurden Kryptowährungen entwickelt, die es jedem Smartphone-Besitzer ermöglichen, ein Schweizer Bankkonto von vor 2013 mit sich herumzutragen und somit den Nachruf auf das Bankgeheimnis zu revidieren.

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