Doch eine Blase? Bitcoin-Kursexplosion: Steckt mehr als nur PayPal dahinter?

Bitcoin ist wieder in aller Munde. Die Krypto-Leitwährung hat eine beeindruckende Rallye hingelegt und es damit auf die Titelseiten der großen Zeitungsverlage geschafft. Nicht selten liest man, dass es sich um eine Blase handeln könnte. Ob es sich wirklich um eine Blase handelt, welche Gründe für den Bitcoin-Kursanstieg anzuführen sind und warum diese Woche die Europäische Zentralbank (EZB) neue Planungssicherheit für Krypto-Investoren geschaffen hat.

Sven Wagenknecht
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Bitcoin Kurssteigerung

Beitragsbild: Shutterstock

Der Bitcoin-Kurs (BTC) hat in den letzten Tagen eine Rallye hingelegt, die an die Krypto-Blase von Ende 2017 erinnert. Wie enorm die Kurssteigerungen sind, zeigt sich mit Blick auf das bisherige Jahr 2020. Sind wir im Januar bei rund 7.200 US-Dollar gestartet, musste Bitcoin wie auch alle anderen Vermögenswerte einen herben Niederschlag durch den Corona-Crash einstecken. Zum Jahrestief Mitte März notierte der Bitcoin-Kurs bei gerade einmal 4.600 US-Dollar. Dass er sich dann sukzessive auf 11.000 US-Dollar bis Anfang Oktober hochgearbeitet hatte, konnte man schon als großen Erfolg verbuchen. Nun, gerade einmal anderthalb Monate später, notiert der Bitcoin-Kurs bei über 18.000 US-Dollar. Allein für diesen Monat liegt das Plus bei über 60 Prozent.

Neben charttechnischen Indikatoren kann man sich fragen, welche Faktoren die Unterstützung für einen derart kometenhaften Aufstieg liefern. Dabei kann man zu dem Schluss kommen, dass es sich mehr um einen längst überfälligen Nachholeffekt handelt als um einen nicht nachhaltigen Hype.

PayPal: Wenn aus Gerüchten Realität wird

Mit der Bekanntgabe von PayPal am 21. Oktober, auch Bitcoin-Transaktionen sowie den Bitcoin-Kauf anzubieten, hat die aktuelle Bitcoin-Rallye ihren Anfang genommen. Letzte Woche, am 12. November, kam es dann auch zur Freischaltung für den amerikanischen Markt. Die Tatsache, dass nun von den 346 Millionen aktiven PayPal-Nutzern, wovon die meisten in den USA leben, der Bitcoin-Kauf nur noch einen Klick entfernt ist, kann als klar positiv für den Bitcoin-Kurs gewertet werden. PayPal macht es gerade für Menschen ohne Krypto-Affinität besonders einfach, in Kryptowährungen zu investieren.

Nicht viel weniger als die fundamentale Nachfrage, die durch die PayPal-Dienstleistung generiert wird, dürfte die Signalwirkung für den Markt sein. Bitcoin als unbedeutende Nische zu sehen wird damit immer schwieriger. Gleichzeitig erhört sich der Druck für Finanzunternehmen, nun zeitnah auch Krypto-Dienstleistungen anzubieten, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Außenwirkung 2.0: Von US-Senatorin bis zum Unternehmensvorstand

Vor allem die öffentliche Wahrnehmung von Bitcoin hat sich in den letzten Monaten stark gewandelt. Mit der zunehmenden Diskreditierung unseres Fiatgeldsystems durch massive Geldmengenausweitung können auch Personen des öffentlichen Lebens – ganz ohne Rechtfertigungsdruck – zugeben, in Bitcoin einen guten Wertspeicher zu sehen.

So hat sich die frisch gewählte US-Senatorin für den Bundesstaat Wyoming, Cynthia Lummis, im Fernsehen öffentlich für die Vorzüge von Bitcoin als Wertspeicher ausgesprochen und damit gleichzeitig dem inflationären US-Dollar einen Seitenhieb verpasst. Derartige Aussagen von einer gewählten US-Senatorin wären vor ein paar Monaten noch als unseriös und unpatriotisch deklariert worden. Inzwischen wandelt sich dieses Bild, da man sich insbesondere in der freien Wirtschaft rechtfertigen muss, wenn man Bitcoin für unsinnig hält. Gerade im Finanzsektor muss man sich erklären, wenn man Bitcoin als Asset ignoriert.

Erzeugt wird dieses neue Narrativ durch Unternehmen wie Microstrategy oder Square, die sich öffentlich dafür feiern lassen, einen Teil ihrer US-Dollar-Rücklagen in Bitcoin umzutauschen – weniger aus Spekulation, sondern aus Mangel an Vertrauen in die heimische Fiatwährung. Diese Signalwirkung überträgt sich wiederum auf alle Typen von Investoren. Angefangen vom kleinen Privatanleger bis hin zu den reichsten Menschen der Welt und ihren Vermögensverwaltungen, die ihr Portfolio diversifizieren wollen.

Bitcoin Halving: Mechanik fängt an zu greifen

Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass am 18. Mai dieses Jahres das dritte Bitcoin Halving stattfand. Dabei wurde der Block Reward von 12,5 BTC pro Block auf 6,25 BTC heruntergekürzt. In den vorherigen Bitcoin Halvings führte dies wenige Monate später zu einer enormen Rallye. Schließlich muss bei konstanter Nachfrage der Kurs steigen, wenn die Angebotsmenge sinkt.

Das beliebteste Modell, das diesen Effekt beschreibt, ist das Stock-to-Flow-Modell. Blickt man auf den aktuellen Stock-to-Flow-Chart, dann liegen wir mit den Bitcoin-Kurssteigerungen der letzten Tage lediglich im Trend:

Quelle: lookintobitcoin.com

Die deflationäre Ökonomie von Bitcoin bei der gleichzeitig hohen ökonomischen Notwendigkeit lässt einen Anstieg von Bitcoin mehr als einleuchtend erscheinen.

Die „neue Kalibrierung“ der Geldpolitik

Diese ökonomische Notwendigkeit von Bitcoin zeigt sich nicht nur langfristig, sondern auch kurzfristig durch entschlossene Äußerungen und Taten seitens der Notenbanken. Mit jedem Statement von EZB-Chefin Christine Lagarde oder US-Notenbankchef Jerome Powell wird unterstrichen, wozu man bereit und in der Lage ist, um Deflation zu bekämpfen.

Erst diesen Dienstag erklärte Christine Lagarde auf dem Bloomberg New Economy Forum, dass sie der Ausblick auf einen baldigen Corona-Impfstoff nicht wirklich in ihrer Notenbankpolitik beeinflusst. Sie geht sogar einen Schritt weiter und äußerte, dass dieser bereits von ihr eingepreist sei und es daher so oder so zu einer „neuen Kalibrierung“ komme. Damit skizziert sie unmissverständlich, dass die nächste Geldschwemme bereits in Planung ist. Darauf zu verzichten würde schließlich die Eurozone gefährlich nahe an den Abgrund bringen. Zur Diskussion steht von den EZB-Entscheidungsträgern ein 1,35 Billionen Euro schweres Notfall-Kaufprogramm.

Vergleicht man dieses mit der weitgefassten Geldmenge (M3) in der Eurozone, dann macht dieses rund 10 Prozent aus. Bedenkt man die schwere der zu erwartenden Kreditausfälle im Quartal 2021, dann dürfte selbst diese Summe schnell aufgebraucht sein, sodass auch dann wieder mit Billionen von Euro nachgelegt werden muss. Wenn in dem Tempo die Geldmenge weiter ausgeweitet wird, dieses auf die Realwirtschaft trifft und dann die momentan sehr niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit an Fahrt aufnehmen sollte, ist mit einer höheren Inflation zu rechnen.

Auf Wiedersehen Tagesgeldkonto

Selbst Investoren, die bislang noch recht ruhig auf ihren Geldwerten wie Anleihen saßen, bekommen es Angesichts der sich verschärfenden Geldmengenausweitung mit einem unguten Gefühl zu tun. Der Trend, weiter in Sachwerte wie Aktien, Immobilien, Edelmetalle oder eben Bitcoin zu gehen, dürfte damit nur weiter zunehmen. Insbesondere Bitcoin dürfte angesichts der hohen Bewertungen der traditionellen Assets für viele Investoren der logisch nächste Schritt sein, um ihrem Portfolio ein „Standbein“ mehr hinzuzufügen. Indem Frau Lagarde oder Herr Powell das tun, was sie tun müssen – alles andere wäre unverantwortlich, wenn man das Ziel hat, einen massiven Crash abzuwenden – schaffen sie „Planungssicherheit“ für die Anleger.

Blase oder keine Blase ist hier die Frage

Natürlich muss sich jede Rallye irgendwann konsolidieren. Nach jeder heftigen Kursexplosion folgt auch ein stärkerer Einknick. Allein die Tatsache, dass einige Anleger und Trader Gewinnmitnahmen tätigen möchten, lässt ab einem gewissen Punkt eine Gegenbewegung eintreten. Eine solche Konsolidierung ist allerdings sehr gesund und schützt vor einer Überhitzung. Dass der Bitcoin-Kurs also eine Verschnaufpause einlegt, bevor er die 20.000 US-Dollar-Marke knackt, ist durchaus wahrscheinlich. Gerade langfristig orientierte Anleger können derartige Rücksetzer in der nächsten Zeit nutzen, um Bitcoin nachzukaufen.

Von einer Blase kann man gegenwärtig aber dennoch nicht sprechen. Der starke Kursanstieg ist fundamental gerechtfertigt, da es vor allem institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont sind, die in den Markt einsteigen. Microstrategy, Grayscale und Co. haben kein Interesse, ihre Bitcoin schnell wieder zu verkaufen. Dass es sich also um institutionelles Geld handelt, das die Kurse antreibt, wird auch von den Bitcoin-Suchanfragen bei Google gestützt. Diese sind nach wie vor im unteren, unaufgeregten Bereich. Würde es sich um eine rein hype-getriebene Bewegung handeln, dann müssten die Zahlen eine andere Sprache sprechen.

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