Bloxxter CEO Marc Drießen „Bei tokenisierten Immobilien sehe ich derzeit Goldgräberstimmung“

In der DACH-Region sind in den letzten Monaten zahlreiche Tokenisierungsplattformen entstanden, die sich auf Immobilien konzentrieren. Das Hamburger Unternehmen Bloxxter gehört zu diesen Pionieren auf dem Blockchain-Immobilienmarkt.

Sven Wagenknecht
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Interview mit Marc Driessen von Bloxxter

Worauf Anleger bei tokenisierten Immobilien achten sollten, warum gerade Kleinanleger stärker als institutionelle Investoren von der Tokenisierung profitieren und welche Immobilienstrategie Bloxxter verfolgt, hat uns der CEO Marc Drießen im Interview verraten.

Das Interview ist zuerst in der Märzausgabe vom Kryptokompass erschienen.

BTC-ECHO: Woher kommt es deiner Meinung nach, dass gegenwärtig eher Immobilien statt Unternehmen tokenisiert werden?

Marc Drießen: Nach börsennotierten Wertpapieren ist der Markt die größte Assetklasse überhaupt. Aktuell ist der Immobilienmarkt aber sehr intransparent und im Wesentlichen von großen Spielern geprägt. Die Tokenisierung bringt vor allem für Kleinanleger große Vorteile. Schließlich können sich Privatanleger damit an Wertanlagen beteiligen, die ihnen sonst verwehrt bleiben. Für Privatanleger ist die Assetklasse Immobilien gut greifbar. Immobilien mit langlaufenden Mietverträgen in sehr guten Lagen, in der man sich möglicherweise gut auskennt, sind besser zu verstehen sowie zu kalkulieren als etwa Investments in Start-ups.

BTC-ECHO: Bitte führe den Mehrwert durch Blockchain und Tokenisierung im Immobilienmarkt noch etwas weiter aus.

Marc Drießen: Die Tokenisierung ermöglicht die Verbindung von Werten, die vorher nicht zu verbinden waren. Es wird eine tägliche weltweite Handelbarkeit geschaffen. Das geht mit einer normalen Verbriefung nicht. Durch die Tokenisierung können auch kleinere Mindestinvestitionen für die Anleger abgebildet werden als durch traditionelle Verbriefungen. Mithilfe des ERC-20-Standards, den wir auch für unsere Transaktionen nutzen, kosten An- und Verkaufstransaktionen zudem deutlich unter 10 Eurocent.

Wertpapiere bei traditionellen Banken wie den Sparkassen zu verkaufen, kostet indes mitunter 20 Euro. Mithilfe der Blockchain lassen sich also Kleinstbeträge wirtschaftlich handeln. Wenn man ferner die deutsche Perspektive verlässt und etwa einem US-Amerikaner den Zugang zum deutschen Immobilienmarkt ermöglichen will, geht das über normale Verbriefungen nur sehr umständlich.

BTC-ECHO: Du hattest vorhin erwähnt, dass es gerade die Kleinanleger sind, die von der Tokenisierung profitieren. Warum sollten es umgekehrt nicht auch institutionelle Investoren sein, die überdurchschnittlich profitieren?

Marc Drießen: Persönlich bin ich davon überzeugt, dass die Vorteile der Tokenisierung Kleinanlegern stärker zu Gute kommen als institutionellen Investoren. Bevor wir Bloxxter gegründet haben, war ich vier Jahre lang bei einer großen Versicherungsgesellschaft im Bereich Immobilien für das Geschäft mit anderen institutionellen Investoren verantwortlich. Natürlich ist es so, dass im institutionellen Immobiliengeschäft die Prozesse ziemlich papierhaft sind und vielleicht auch Effizienzgewinne in der Prozessoptimierung durch die Blockchain liegen könnten. Wenn aber ein Investor 50 Millionen Euro an einem Fonds zeichnet und sich die Stückkosten von 20 Euro auf zwei Euro reduzieren, dann ist das ehrlicherweise kaum relevant. Das heißt, diese Effizienzvorteile sehe ich aktuell im institutionellen Geschäft nicht.

Darüber hinaus sind vor allem institutionelle Investoren mit vielen Fragestellungen konfrontiert: Wie ist ein tokenisiertes Asset aufsichtsrechtlich einzuordnen? Was bedeutet die Einordnung für die Anleger? Zudem ist die Infrastruktur, etwa im Bereich der Verwahrung, auch noch nicht sonderlich fortgeschritten.

Jetzt in tokenisierte Immobilien investieren

BTC-ECHO: Aktuell sind Security Token als Schuldverschreibungen oder Genussrecht verbrieft, da eine reine Eigenkapitaltokenisierung regulatorisch noch nicht ohne Weiteres darstellbar ist. Wie wichtig ist deines Erachtens nach die Möglichkeit, Eigenkapital zu tokenisieren für die Branche, um beispielsweise auch Aktien herausgeben zu können?

Marc Drießen: Bei unserem ersten Produkt haben wir die Schuldverschreibung so nah wie möglich an klassisches Eigenkapital angenähert. Das heißt, wirtschaftlich hat der Investor eine volle Eigenkapitalgeberposition. Der einzige Nachteil ist, dass wir eine feste Laufzeit haben – das ist im Immobiliengeschäft natürlich eher ungewöhnlich. Feste Laufzeiten für Immobilien sind zwar nicht optimal, aber durch die tägliche Handelbarkeit des Token verliert der Punkt für Investoren an Bedeutung. Lediglich müssen wir spätestens zum Ende der Laufzeit die Immobilie wieder veräußern. Ich denke, wir kommen aber alsbald an den Punkt, auch Eigenkapital tokenisieren zu können.

BTC-ECHO: Was muss sich aus regulatorischer Sicht deiner Meinung nach ändern, um die Tokenisierung von Assets attraktiver zu machen?

Marc Drießen: Der wesentliche Punkt ist die Aufhebung der Beschränkung der Rechtsform, also die rechtliche Gleichstellung von tokenisierten und traditionellen Wertpapieren. Ansonsten sind wir in Deutschland regulatorisch auf dem richtigen Weg. Die Tokenisierung sollte nicht als Mittel gesehen werden, Regulierungen zu umgehen. Ich finde, dass die BaFin in dieser Hinsicht eine gute Haltung entwickelt hat und relativ progressiv ist.

BTC-ECHO: Aus Investorensicht: Worauf sollten Anleger besonders achten, wenn sie in tokenisierte Immobilien investieren?

Marc Drießen: Ich sehe derzeit bei tokenisierten Immobilien Goldgräberstimmung. Aus rein wirtschaftlicher Sicht gibt es eine Vielzahl an Produkten, die ohne die Tokenisierung überhaupt keinen Markt hätten. Die Tatsache, dass ein Finanzprodukt tokenisiert ist, macht es wirtschaftlich aber erst einmal nicht besser. Anleger sollten sich also immer zunächst eine Meinung zu dem dahinterliegenden Asset bilden. Alle Investmentregeln, die im herkömmlichen Finanzsektor gelten, gelten auch für tokenisierte Assets. Kurzum, die Maßgabe ist: Kaufe keine tokenisierte Immobilie, die du nicht kaufen würdest, wenn sie nicht tokenisiert wäre.

BTC-ECHO: Welche Rolle spielen Smart Contracts?

Marc Drießen: Bei allen Produkten, die ich kenne, spielen sich die wesentlichen Themen eigentlich nicht im Smart Contract ab. Ich habe aber auch schon Produkte gesehen, da spiegelt sich das Investitionsziel nicht im Smart Contract wider – da muss man sich schon fragen, wieso das so programmiert wurde. Ich denke, für den Investor ist der Smart Contract erst mal relativ unerheblich. Das Relevante ist eher, wie sichergestellt wird, dass niemand mit meinem Geld verschwindet. Investoren sollten eher auf die typischen Investmentfragen wie Interessenkonflikte, Management und monetäre Partizipation an Wertgewinn achten. Den Smart Contract müssen Anleger aber im Detail nicht verstehen.

BTC-ECHO: Auf welche Art von Immobilien konzentriert ihr euch bei Bloxxter? Was sind die Auswahlkriterien?

Marc Drießen: Wir haben Bloxxter mit der Maßgabe gegründet, dass wir sagen: Das, was ein institutioneller Investor für sein Portfolio kaufen würde, was aber aufgrund der Größe für Kleinanleger bisher unzugänglich war, wollen wir zugänglich machen. Auf der einen Seite konzentrieren wir uns daher nur auf Premium-Sachwerte. Das heißt, wir bewegen uns nur in den guten Lagen großer Metropolen – und da auch nur in den großen Assetklassen (Büro, Wohnen, Einzelhandel).

Auf der anderen Seite glauben wir eher an drei Prozent Rendite mit minimalem Risiko als an sechs Prozent Rendite mit erheblichem Risiko. Das heißt, wir bilden ein defensives, konservatives Portfolio ab. Dies aber in Verbindung mit einem institutionellen Prozess: Es gibt eine jährliche Bewertung der Immobilie, um Objektivität in den Wert des Token zu bringen. Wir errechnen monatlich den Preis des Token neu und passen ihn so an die Mieteinnahmen an. Zudem gibt es eine Mittelverwendungskontrolle. Deshalb können wir auch nicht alleine über das Geld der Investoren verfügen. So wird sichergestellt, dass die gleiche Sicherheit, die ein großer Versicherer auf dem Immobilienmarkt haben will, auf den Privatanleger übertragen wird.

BTC-ECHO: Wie wird sich deiner Meinung nach der Markt für tokenisierte Immobilien in der nächsten Zeit entwickeln und auf den generellen Immobiliensektor auswirken?

Marc Drießen: Ich denke, wir müssen schon realistisch bleiben. Der Immobiliensektor ist gigantisch. Der Einfluss, den die Tokenisierung auf den Markt haben wird, ist zunächst relativ überschaubar. Wir haben bei meiner letzten Firma im Jahr für 2 bis 2,5 Mrd. Euro Immobilien gekauft. Dafür müssten wir in der Struktur, die wir jetzt haben, ungefähr 1,3 Milliarden Euro Anlegerkapital einwerben. Das wäre mehr als alle tokenisierten Immobilien weltweit bisher insgesamt an Kapital eingeworben haben. Und selbst wenn dies gelänge, wären wir immer noch nur einer von ganz vielen Playern auf dem Immobilienmarkt. Bis Tokenisierung zu einer ernstzunehmenden Veränderung im Immobilienmarkt führt, braucht es Zeit.

Ich denke auch nicht, dass die Tokenisierung das Anlegerverhalten an sich verändert. Dass wir ein Produkt zur Verfügung stellen, was bestimmte Anlegergruppen erstmals überhaupt in die Lage versetzt, sich an institutionellen Premium-Sachwerten zu beteiligen, ist zunächst die wichtigste Veränderung am Primärmarkt. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Einfluss auf den Gesamtmarkt in den nächsten fünf Jahren überschaubar sein wird.

BTC-ECHO: Abschließend: Wie geht es jetzt bei euch weiter, was sind die nächsten Meilensteine?

Marc Drießen: Wir werden im April mit unserem ersten Produkt live gehen: Eine Neubau-Büroimmobilie im wohl spannendsten Immobilienstandort in Deutschland überhaupt – nämlich in Berlin. Spannend deshalb, weil wir derzeit im Mietbereich einen ziemlichen Nachfrageüberhang haben. Unser erstes Projekt ist ein Greenbuilding-Neubau im Prenzlauer Berg. Mit 90 Millionen Euro Eigenkapital dürfte es sich um das weltweit größte tokenisierte Immobilienprojekt überhaupt handeln. Im vierten Quartal kommt dann planmäßig eine zweite Immobilie dazu.

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