E-Yuan statt US-Dollardominanz: USA simuliert Währungskrieg mit China

Chinas digitale Zentralbankenwährung hat die Dominanz des US-Dollars im globalen Finanzsystem verdrängt, Nordkorea verwendet den E-Yuan zum Bau von Atomraketen und hat das SWIFT-System bei einem Cyberangriff gehackt, bei dem mehrere Milliarden US-Dollar entwendet wurden.

Moritz Draht
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USA simuliert Währungskrieg mit China

Beitragsbild: Shutterstock

Dieses Setting inszenierten hochrangige Beamte aus Politik und Wirtschaft in einem Wargame-Szenario. Dabei ging es um mögliche Bedrohungen, die von einem CBDC Chinas ausgehen und die globalen Machtverhältnisse neu verteilen könnten. Das Szenario zeigt: Die USA sitzen im Ernstfall auf einem wackligen Stuhl.

Im Institute of Politics der Harvard Kennedy School konnte die Öffentlichkeit am Dienstag, dem 19. November, ein besonderes Kammerspiel verfolgen. Hochrangige Vertreter aus Politik und Wirtschaft haben ein Szenario entworfen, das einen Währungskrieg zwischen China und den USA simuliert. Dabei trafen zwei gegensätzliche Positionen aufeinander, die den Fall eines globalen Machtwechsels mit unterschiedlichen Mitteln entgegenwirken wollen.

Das Szenario: Die Teilnehmer haben Mitglieder des National Security Council (NSC) gespielt, die sich 2021 versammeln, um über potenzielle Bedrohungen für die USA zu diskutieren, die durch Chinas Einführung einer digitalen Zentralbankenwährung (CBDC) eintreten könnten. Nordkorea hat einige Tage zuvor erfolgreich einen Raketentest durchgeführt, der durch den digitalen Yuan finanziert wurde und dadurch US-Sanktionen umging. Zudem haben sich Hacker Zutritt zum SWIFT-Netzwerk verschafft und dabei mehrere Milliarden US-Dollar entwendet.

Die Achsen der politischen und wirtschaftlichen Vormachtstellung haben sich gewendet. China hat die USA im Finanzsektor verdrängt. Welche Folgen eine Neuverteilung der politischen Machtverhältnisse nach sich ziehen könnte und welche Mittel gegen eine solche Bedrohung der USA zur Verfügung stehen, haben die Teilnehmer durchgespielt.

Eine Frage der nationalen Sicherheit

Neha Narula, Director der Digital Currency Initiative beim MIT Media Lab, spielte eine Beraterin des US-Präsidenten. Für sie ist „die Wettbewerbsfähigkeit des US-Dollars eine Frage der nationalen Sicherheit“. Bislang habe der US-Dollar „eine unglaubliche Bedeutung“, auch weil die USA ihn durch das Verhängen von Wirtschaftssanktionen „bewaffnen“ können, sagte sie. Diese dominante Stellung der US-Währung „könnte sich ändern, wenn plötzlich eine andere Währung interessanter wird.“

Hochrangige Vertreter der US-Politik

Unter den hochdekorierten Teilnehmern befanden sich unter anderem:

  • Eric Rosenbach, ehemaliger Pentagon-Stabschef und Ex-Verteidigungsminister
  • Ashton Carter, ehemaliger Verteidigungsminister
  • Lawrence Summers, ehemaliger US-Finanzminister und Harvard-Professor für Wirtschaftswissenschaften
  • Gary Gensler, ehemaliger Staatssekretär im US-Finanzministerium.
  • Meghan O’Sullivan, ehemalige stellvertretende Beraterin für nationale Sicherheit

Das Szenario diente nicht nur zur Unterhaltung des anwesenden Publikums. Das Krisengespräch sollte vielmehr die Öffentlichkeit auf mögliche Bedrohungen aufmerksam machen und potenzielle Gefahren für die Weltpolitik veranschaulichen. Narula kommentierte dahingehend:

Ich hoffe, dass die Simulation die Leute wirklich darüber nachdenken lässt, was die Auswirkungen digitaler Währungen sind, und dass die Leute jetzt und nicht später darüber nachdenken. Ich denke, es könnte fast als Vorlage oder Leitfaden dienen, um das Gespräch über diese Themen in Gang zu bringen.

Machtgefährdung der USA durch den E-Yuan

Laut Lawrence Summers, ehemaliger US-Finanzminister, liege die Handlungsgewalt aufgrund der Vormachtstellung im globalen Finanzsystem bislang noch bei den USA. Da andere Nationen an den US-Dollar als Reservewährung gebunden sind, könne die USA durch Sanktionen die Entwicklung anderer Länder lenken. Durch die Einführung einer digitalen Zentralbankenwährung Chinas können sich die Machtverhältnisse jedoch verschieben. Das politische Gleichgewicht sei daher aus US-amerikanischer Sicht gefährdet.

Gerade im Hinblick auf Nordkorea stellt China eine Schlüsselposition dar und gilt als verlängerter Arm westlicher Einflussnahme. Daher sagte der ehemalige Finanzminister Summers:

Grundsätzlich hängt unsere Fähigkeit, Nordkorea auf verheerende Weise zu sanktionieren, von der chinesischen Zusammenarbeit ab […] das war vor dem digitalen Yuan wahr und das ist jetzt in Anwesenheit des digitalen Yuan wahr.

Jedoch könnte die USA ihre mächtige Position an andere Nationen verlieren, sagte Gensler, der in der Simulation den Assistenten des Präsidenten für Wirtschaftspolitik spielte. Russland habe bereits begonnen, Chinas Cross Border Interbank Payment System (CIPS) zu übernehmen und stärkt dadurch seine strategische Position als Handelspartner.

USA nicht mehr King of the Hill

O’Sullivan, die in der Simulation die Vizepräsidentin spielte, führte an, dass die USA sich aus der Isolation begeben müsse und Handelsbeziehungen zu anderen Nationen vertiefen sollte. Für sie sei der Weg der USA als alleinige Weltmacht nicht zielführend. Vielmehr müsse der „Weg der Verzweigung der Weltwirtschaft“ gegangen werden.

Obwohl Washington Maßnahmen ergreifen könnte, um seine finanzielle Dominanz vorübergehend zu festigen, bliebe die Gefahr einer globalen Abwendung vom US-Dollar durch die Entstehung eines chinesischen CBDC dennoch bestehen. Die Machtverhältnisse könnten sich so verteilen, dass „die USA nicht mehr King of the Hill“ seien, sagte O’Sullivan und ergänzte:

Wir sind vielleicht schon in einer Welt, in der wir nicht finanziell dominant sind, schon gar nicht in jedem Bereich, und deshalb müssen wir darüber nachdenken, was wir mit dem Rest unserer außenpolitischen Instrumente machen.

Summers fügte hinzu, dass die USA allein durch die Einführung einer digitalen Zentralbankenwährung diesen Zustand nicht beeinflussen könnten:

Wenn wir unseren eigenen digitalen Yuan, digitalen Dollar, nationalen Venmo oder was auch immer haben, wird es die Fähigkeit anderer Währungen nicht stören.

Bedrohungen für SWIFT

Während der gesamten Diskussion wurde wiederholt festgestellt, dass die USA ihre Sanktionspolitik auf das SWIFT-System stützt. SWIFT ist eine Organisation, die ein Telekommunikationsnetz betreibt, das von mehr als 11.000 Banken weltweit genutzt wird und das maßgeblich den globalen Finanzsektor stabilisiert.

Gegen Ende der Simulation sind durch Nordkorea drei Milliarden US-Dollar aus dem SWIFT-Interbanken-Messaging-System entwendet worden. Anstatt in einen schwachen US-Dollar zu investieren, bewegt dies andere Nationen dazu, in den digitalen Yuan zu investieren. Der E-Yuan würde die Dominanz des US-Dollars global untergraben.

Dieser Hackerangriff ist kein rein hypothetisches Szenario. In der Vergangenheit haben Hacker von SWIFT bereits Millionen US-Dollar erbeutet. Summers sagte:

Im Moment haben wir ein Netzwerk, das nicht sehr gut funktioniert.

Laut Summers sollte die USA eher das SWIFT-Netzwerk stärken, anstatt eine digitale Währung der US-Zentralbank in Betracht zu ziehen. Die Währung einer anderen Nation stelle seiner Ansicht nach keine Bedrohung für die USA dar.

Europa ist ein Museum

Die Entwicklung eines separaten E-Dollars könnte „die schlechteste Idee der Welt“ sein, da es Ressourcen verschwenden und den Blick auf ein nichtiges Problem lenken könnte, teilte Summers mit und fügte hinzu:

Seien wir ehrlich hier im Konferenzraum. Europa ist ein Museum, Japan ist ein Pflegeheim und China ist ein Gefängnis und wir müssen uns keine Sorgen machen, dass diese Währungen eine Art große Bedrohung für uns darstellen. Ein gehärtetes SWIFT, das sicher ist, muss unsere oberste Priorität sein.

Ashton Carter, der in der Simulation sein altes Amt als Verteidigungsminister besetzte, sagte, er sehe keinen Grund für eine digitale Währung, die das SWIFT-System ersetzt. Die USA sollten weiterhin das System stabilisieren, an dem sie seit Jahrzehnten gearbeitet haben.

Blick in die Glaskugel

Bei den Gesprächen der Teilnehmer sind vor allem die gegensätzlichen Positionen zur Geltung gekommen, die sich einerseits für die Entwicklung einer US-amerikanischen Zentralbankenwährung und andererseits für die Stärkung des SWIFT-Systems aussprechen. Die Argumente wiegen auf beiden Seiten schwer.

Welche Richtung die US-amerikanische Politik einschlägt, sollte sich zudem bald entscheiden. Denn eines hat das Szenario gezeigt: Die Zeit drängt. Die Bedrohung ist aus US-amerikanischer Sicht real und könnte durch Chinas CBDC-Bestrebungen und durch das Pulverfass Nordkorea in nahe Zukunft rücken. Wenn die USA die Handlungsgewalt im internationalen Finanzsystem behalten möchten, müssen sie jetzt die Weichen stellen – wenn es dafür nicht schon zu spät ist.

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